Kündigung wegen Geltendmachung des Mindestlohns

Am 28. Dezember 2015, von Michael Eckert

Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 17. April 2015 – 28 Ca 2405/15

Nach Einführung des gesetzlichen Mindestlohns sind teilweise auch instanzgerichtliche Entscheidungen wichtig, um Tendenzen in der Rechtsprechung absehen zu können.

Im vorliegenden Fall war ein Arbeitnehmer als Hauswart tätig, und zwar zu einem Lohn der unterhalb des seit 01. Januar 2015 geltenden Mindestlohnes von € 8,50 lag. Der Arbeitnehmer verlangte vom Arbeitgeber die Erhöhung des Stundenlohnes auf € 8,50, während der Arbeitgeber umgekehrt das Angebot unterbreitete, die monatliche regelmäßige Arbeitszeit so zu reduzieren, dass der zwischen den Parteien vereinbarte Monatslohn von € 315,00 brutto auf die Arbeitsstunde heruntergerechnet in etwa dem Mindestlohn entsprach. Der Kläger lehnte dies ab. Dies nahm dann der Arbeitgeber zum Anlass, das Arbeitsverhältnis zu kündigen. Der Arbeitnehmer hat dann Kündigungsschutzklage und Zahlungsklage bezogen auf den Mindestlohn seit 01. Januar 2015 erhoben. Das Arbeitsgericht hat ihm Recht gegeben.

Das Gericht ging davon aus, der Arbeitgeber habe allein den Wunsch des Arbeitnehmers nach Anhebung seines vertraglichen Lohnanspruchs auf das gesetzliche Mindestniveau zum Anlass genommen, die hier streitige Kündigung auszusprechen. Anderweitige Gründe, die die Kündigung hätten begründen können, waren letztlich nicht festzustellen. Damit liege ein Verstoß gegen das sogenannte Maßregelungsverbot des § 612 a BGB vor. Diese Vorschrift schützt Arbeitnehmer, die benachteiligt werden, weil sie in zulässiger Weise die ihnen zustehenden Rechte geltend machen. Hierauf darf der Arbeitgeber keine nachteilige Entscheidung gründen. Mit anderen Worten: Wer nur seine Rechte geltend macht, darf dafür nicht „bestraft“ werden.

Aus dem Fehlen anderer denkbarer Kündigungsgründe und dem zeitlichen Zusammenhang zwischen Geltendmachung des Mindestlohns einerseits und danach gleich ausgesprochener Kündigung andererseits lasse sich auf die Maßregelung schließen. Der Arbeitnehmer müsse sich auch nicht auf eine Reduzierung der Arbeitszeit einlassen. Das Gericht geht davon aus, der Arbeitnehmer habe mehr oder weniger die gleiche Arbeit in kürzerer Zeit leisten müssen. Wenn im Arbeitsvertrag eine bestimmte Stundenzahl vereinbart ist, gelte diese auch nach Einführung des Mindestlohnes. Der Arbeitnehmer könne dafür dann den Mindestlohn fordern. Eine Veränderung der Arbeitszeit bedürfe entweder einer wirksamen Änderungskündigung oder einer Änderungsvereinbarung.

Im Ergebnis hatte sowohl die Kündigungsschutzklage als auch die auf Zahlung des Mindestlohns gerichtete Klage Erfolg.

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