Beziehungen am Arbeitsplatz – Beleidung über Diensthandy

Am 14. Dezember 2015, von Michael Eckert

Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 27. Februar 2015 – 28 Ca 16939/14

Liebe oder Beziehungen im Büro sind Arbeitgebern oft ein Dorn im Auge. Hier besteht die Gefahr, dass sich private Probleme auf die Arbeit im Betrieb übertragen, es Probleme mit dem Betriebsklima gibt, die Arbeitsleistung nachlässt etc.

Verbieten kann ein Arbeitgeber solche Beziehungen natürlich nicht, was auch die Fa. Wal-Mart feststellen musste, die in der Vergangenheit einmal ein „Beziehungsverbot“ verhängen wollte.

Allerdings muss der Arbeitgeber darauf achten, dass zwischen den beteiligten Arbeitnehmern beispielsweise kein Weisungsverhältnis besteht, um sicherzustellen, dass die private Beziehung weder zu einer Besser- noch zu einer Schlechterstellung beispielsweise bei Beförderungen, Vergütungsfestlegungen oder im sonstigen Arbeitsalltag führt.

Im vorliegend entschiedenen Fall hatte ein Arbeitnehmer, der seit 33 Jahren bei einem Unternehmen arbeitete, schon seit 16 Jahren eine private Beziehung zu einer Kollegin. Beide arbeiteten im selben Büro. Seit Dezember 2013 war der Mann wegen eines Burnouts längere Zeit arbeitsunfähig. Anfang des Jahren 2014 erfolgte wohl auf Veranlassung der Frau die Trennung. Danach erhielt die Mitarbeiterin beleidigende und drohende Mails ihres ehemaligen Freundes. Diese Nachrichten erfolgten zunächst per SMS über das private Mobiltelefon, später wurde auch das dienstliche genutzt. Der Arbeitnehmer schrieb SMS, in denen er die Frau beispielsweise als „du elendes Schwein“ betitelte oder ihr drohte, sie werde die Trennung „bitter bereuen“. Weiter drohte er, er werde ihr „die Trennung heimzahlen“.

Die Arbeitnehmerin wandte sich an den Arbeitgeber, der nach Anhörung des Betriebsrats gegenüber dem Mitarbeiter eine Kündigung aussprach. Begründet wurde die Kündigung damit, dass der Arbeitgeber keine andere effektive Möglichkeit habe, die betrieblichen Beeinträchtigungen aufgrund der Textnachrichten zu beenden. Zwar könne eine räumliche Trennung dergestalt erfolgen, dass beide nicht mehr im gleichen Büro arbeiten. Fachliche bzw. persönliche Berührungspunkte ließen sich aber trotzdem nicht vermeiden. Dies gelte auch aufgrund der elektronischen Kommunikationsmöglichkeiten. Die dadurch erwarteten schädlichen Auswirkungen auf die Arbeitsleistung und das Betriebsklima könnten sich nur durch die Kündigung abwenden lassen.

Dies hat das Arbeitsgericht anders gesehen.

Zunächst einmal, so das Arbeitsgericht, seien zwischenmenschliche Verbindungen unter Mitarbeitern des gleichen Unternehmens bzw. des gleichen Betriebs der privaten Lebensgestaltung zuzuordnen und würden sich eines Einschlusses durch den Arbeitgeber entziehen.

Nur dann, wenn ausnahmsweise die betriebliche Sphäre durch eine private Beziehung oder deren Beendigung erheblich berührt würde, könnte der Arbeitgeber aktiv werden. Daher sei in jedem Einzelfall zu prüfen, ob arbeitsrechtliche Maßnahmen überhaupt zulässig seien.

Im vorliegenden Fall hat das Gericht dies verneint. Die Gründe erscheinen nachvollziehbar. Zwar hatten die SMS zum Teil beleidigenden oder einen drohenden Inhalt. Allerdings hatte die Arbeitnehmerin sich geweigert, den gesamten SMS-Verkehr, d.h. die SMS des gekündigten Arbeitnehmers in vollem Wortlaut und auch ihre eigenen SMS offenzulegen. Sie hat lediglich eine Liste von ihr zusammengefasster Zitate aus den Textnachrichten ihres ehemaligen Lebensgefährten vorgelegt und nur diese Liste hatte auch der Betriebsrat im Rahmen seiner Anhörung erhalten. Die von der Arbeitnehmerin zusammengefassten Nachrichten stammten aus einem Zeitraum von ca. 290 Tagen. Zitiert waren aber nur herausgehobene Textstellen aus SMS des Arbeitnehmers von insgesamt 29 Tagen. Beleidigende Inhalte gab es nur in insgesamt 9 Stellen.

Hier war der Erkenntnisgehalt für eine arbeitsrechtliche Maßnahme einfach zu gering. Es war unklar, in welchem Kontext diese beleidigenden oder drohenden Inhalte standen, ob sich möglicherweise Beleidigungen wechselseitig hochgeschaukelt hatten oder die E-Mails des Mannes nur eine Reaktion auf Nachrichten der Frau waren. Ohne Kenntnis des gesamten Dialoges ließe sich, so das Arbeitsgericht, kein einseitiges Unwerturteil fällen. Schon hieran scheitere die Kündigung, zumal auch der Betriebsrat nur entsprechend einseitig und verkürzt informiert worden sei.

Hinzu kommt, dass der Arbeitnehmer eine unbeanstandete Betriebszugehörigkeit von 33 Jahren aufgewiesen habe, so dass der Arbeitgeber selbst dann, wenn sich aus dem SMS-Verkehr ein vorwerfbarer Inhalt ergebe, zunächst hätte abmahnen müssen.

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