BAG, Urteil vom 17. Oktober 2013, 8 AZR 974/12

Kommt es zu einem Betriebsübergang, geht das Arbeitsverhältnis der betroffenen Mitarbeiter automatisch auf den Betriebserwerber, den neuen Arbeitgeber, über. Dies verhindert, dass Arbeitnehmer bei einem Betriebsübergang ihren Arbeitsplatz verlieren.

Allerdings haben betroffene Mitarbeiter die Möglichkeit, diesem Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den neuen Arbeitgeber zu widersprechen. Ein solcher Widerspruch ist notwendig, um Arbeitnehmern nicht eventuell gegen ihren Willen einen neuen Vertragspartner „aufzuzwingen“.

Widerspricht der Arbeitnehmer, bleibt das Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber bestehen, allerdings mit dem Risiko, dass diese nach Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit (Betriebsübergang) eine betriebsbedingte Kündigung ausspricht.

Der Arbeitgeber muss die betroffenen Arbeitnehmer über alle Aspekte des Betriebsübergangs ausreichend informieren. Ist dies geschehen, hat der Arbeitnehmer nur innerhalb eines Monats das Recht auf Widerspruch, um allen Vertragsparteien Rechtssicherheit zu geben. Fehlt eine ordnungsgemäße Belehrung des Arbeitnehmers, beginnt diese Widerspruchsfrist allerdings nicht zu laufen und der Arbeitnehmer kann den Widerspruch auch noch später aussprechen, um einen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit dem bisherigen Arbeitgeber zu erreichen.

Hiervon gibt es jedoch Ausnahmen, und zwar insbesondere dann, wenn der Arbeitnehmer sein Recht zum Widerspruch verwirkt hat. Die Frage wann dies geschieht, ist in der Rechtsprechung und in der arbeitsrechtlichen Literatur umstritten. In einem Fall hat das Bundesarbeitsgericht nunmehr für Klarheit gesorgt: Hier hatte der Arbeitnehmer zunächst gegen den Übernehmer auf Feststellung geklagt, dass dort aufgrund des Betriebsübergangs ein Arbeitsverhältnis bestehe. Es kam zu einem Vergleich, in dem einerseits zwischen dem Arbeitnehmer und dem Übernehmer festgestellt wurde, dass angeblich kein Betriebsübergang stattgefunden habe und andererseits dem Arbeitnehmer vom Übernehmer eine „Abfindung“ in Höhe von € 45.000,00 zugesprochen worden ist.

Nach Abschluss dieses Vergleichs hat der Arbeitnehmer dann den bisherigen Arbeitnehmer auf Feststellung verklagt, dass das alte Arbeitsverhältnis noch bestehe. Dem hat das BAG widersprochen: Wenn der Arbeitnehmer zunächst gerichtlich beim Erwerber das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses geltend macht und sich mit diesem dann im Rahmen eines Vergleichs auf eine Zahlung einigt, hat er damit das Recht verwirkt, dem Betriebsübergang noch zu widersprechen. Zum einen haben es Arbeitnehmer und Erwerber nicht in der Hand zu entscheiden, ob ein Betriebsübergang stattgefunden hat oder nicht. Zum anderen können diese beiden Parteien keinen Vertrag zu Lasten des bisherigen Arbeitgebers schließen, noch dazu, wenn der Arbeitnehmer eine sogenannte „Rosinenpickerei“ betreibt. Vom Übernehmer erhält er eine großzügige Abfindung und will gleichzeitig den bisherigen Arbeitsplatz behalten.

Praxistipp:

Die gesetzlich geregelte Informationspflicht beim Betriebsübergang betrifft sowohl den Übergeber als auch den Übernehmer. Da bei unzureichender Information die Widerspruchsfrist nicht zu laufen beginnt und Arbeitnehmer deshalb möglicherweise auch noch nach längerer Zeit – zum Missfallen von Übergeber und/oder Übernehmer – dem Übergang widersprechen kann, sollte die Information fachanwaltlich ausgearbeitet bzw. überprüft werden.

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