BAG, Urteil vom 16. Februar 2012, 6 AZR 553/10

Im vorliegenden Fall hatte der Insolvenzverwalter eines Unternehmens alle dessen Arbeitnehmer nach ihren Sozialdaten, d.h. Alter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung gefragt. Der spätere Kläger verneinte eine Schwerbehinderung und erhielt später vom Insolvenzverwalter eine betriebsbedingte Beendigungskündigung.

Der Kläger hat dann erst mit der Kündigungsschutzklage seine Schwerbehinderung mitgeteilt, sich auf diese berufen und die Klage schon deshalb für unwirksam erklärt, weil das Integrationsamt nicht zugestimmt habe. Dabei datierte die Kündigung vom 26. Mai 2009, die Klageschrift vom 09. Juni 2009.

Das Bundesarbeitsgericht hat ebenso wie das Landesarbeitsgericht – aber im Gegensatz zur klagstattgebenden Entscheidung der ersten Instanz – dem Kläger eine Berufung auf seine Schwerbehinderteneigenschaft verwehrt. Eine Berufung auf den Sonderkündigungsschutz für Schwerbehinderte sei nicht möglich, da er die Frage nach der Schwerbehinderung wahrheitswidrig und bewusst falsch beantwortet habe.

Das Argument des Arbeitnehmers, der Arbeitgeber habe sich gar nicht nach seiner Schwerbehinderung erkundigen dürfen, ließ das Arbeitsgericht nicht gelten. Es sei genau umgekehrt: Der Arbeitgeber sei in der Vorbereitung von betriebsbedingten Kündigungen sogar gehalten, die Sozialdaten des § 1 Abs. 3 KSchG von den Arbeitnehmern zu erfragen, sofern er diese nicht ohnehin kennt. Diese Fragen würden es dem Arbeitgeber gerade ermöglichen, sich rechtstreu zu verhalten, d.h. die bestehenden Gesetze, wie insbesondere die Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG und zum Sonderkündigungsschutz nach § 85 SBG IX, einzuhalten. Es gäbe insoweit auch keine datenschutzrechtlichen Bedenken gegen diese Frage und die Pflicht, sie wahrheitsgemäß zu beantworten.

Da der Kläger sich insoweit widersprüchlich verhalten hat, war es ihm verwehrt, sich im Kündigungsschutzprozess auf die Schwerbehinderteneigenschaft zu berufen, und zwar weder im Rahmen der Sozialauswahl noch bei der Frage zur Wirksamkeit der Kündigung ohne Zustimmung des Integrationsamtes.

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