LAG Köln, Urteil vom 26. November 2014, Az: 3 Sa 239/10

Eine außerordentliche fristlose Kündigung kommt nur dann in Betracht, wenn der Vertragspartner in ganz erheblicher Weise gegen vertragliche Pflichten verstoßen hat. Diese Pflichtenverstöße müssen so gravierend sein, dass dem Kündigenden eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann, und zwar auch nicht bis zu dem Zeitpunkt, zu dem eine ordentliche Kündigung wirksam ausgesprochen werden könnte. Je länger also ein Arbeitsverhältnis besteht mit entsprechend verlängerten Kündigungsfristen, desto eher kann an eine außerordentliche fristlose Kündigung gedacht werden.

Wichtig ist, dass auch der Betriebsrat ausdrücklich zu einer außerordentlichen fristlosen Kündigung angehört wird. Erfolgt nur allgemein eine Anhörung zur Kündigung, würde diese bereits an der fehlenden Betriebsratsanhörung scheitern.

Der Arbeitgeber hat immer die Beweislast für die Kündigungsgründe, wenn er kündigt.

Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Spesenbetrug vorwirft.

Der Arbeitnehmer war Vertriebsleiter eines Unternehmens, das Teppiche und Auslegeware vertreibt. Er hatte einen Monatsverdienst von € 12.800,00 brutto. Der Arbeitgeber hatte ihm vorgeworfen, die ihm für betriebliche Zwecke überlassene Firmenkreditkarte genutzt zu haben, um privat Herrenbekleidung zu kaufen. Darüber hinaus habe es Ausgaben gegeben, die der Vertriebsleiter für Kunden vorgenommen hatte, und hier seien fehlerhafte Abrechnungen vorgelegt worden.

Eine Prüfung durch das Gericht hat ergeben, dass die Spesen durch den Arbeitgeber immer pauschal abgerechnet wurden. Erstaunlicherweise musste der Vertriebsleiter einzelne Belege nicht vorlegen und insoweit auch die einzelnen Ausgaben nicht konkret beweisen.

Nachdem das Unternehmen eine fristlose Kündigung mit der oben genannten Begründung ausgesprochen hatte, erhob der Arbeitnehmer hiergegen Klage, die letztlich erfolgreich war. Das Gericht sah es nicht als bewiesen an, dass ein „wichtiger Grund“ für die fristlose Kündigung vorgelegen habe.

Im Prozess hatte der Vertriebsleiter vorgetragen, er habe nicht Herrenbekleidung für sich gekauft, sondern einen Einkaufsgutschein erworben, der einem Geschäftskunden als „Geschenk“ weitergegeben worden sei. Daneben habe er Kundenrechnungen zu Lasten des Arbeitgebers übernommen, denen konkrete Leistungen des Kunden gegenüber gestanden hätten. Der Arbeitgeber war hierauf nicht eingegangen, sondern hielt den Mitarbeiter für darlegungs- und insbesondere beweispflichtig. Dem hat das Gericht widersprochen: Wenn ein Arbeitnehmer im Kündigungsschutzverfahren Rechtfertigungsgründe angibt, muss der Arbeitgeber diesen nachgehen und gegebenenfalls beweisen, dass sie nicht zutreffen. Der Arbeitgeber darf sich nicht darauf beschränken, einen solchen Rechtfertigungsgrund pauschal oder mit „Nichtwissen“ zu bestreiten. Der Arbeitgeber ist es vielmehr, der hier aktiv werden muss.

Hinzu kommt, dass bislang eine Abrechnung der Spesen lediglich pauschal erfolgt war, so dass bislang offensichtlich noch niemand sich die Mühe gemacht hatte, zu prüfen, für welche Zwecke Spesenbeträge ausgegeben werden. Wünscht der Arbeitgeber eine konkrete Abrechnung, muss er dies dem Arbeitnehmer mitteilen und kann dies natürlich auch verlangen. Nur dann hat der Arbeitgeber Gewähr, für jede Ausgabe einen Beleg zu erhalten. Sollte der Arbeitnehmer dann gefälschte Belege vorlegen oder nachweislich angeblich für Kunden gekaufte Geschenke o. ä. für sich selbst verwenden, kann dies eine Kündigung wegen Spesenbetrugs rechtfertigen.

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