Einführung von Altersgrenzen durch Betriebsvereinbarung

Am 18. Januar 2016, von Michael Eckert

BAG, Urteil vom 05. März 2013 – 1 AZR 417/12

Auch im vorliegenden Fall hat das BAG eine Gestaltung entschieden, die in der Praxis häufig anzutreffen ist:

Der Arbeitsvertrag mit einem Mitarbeiter wird (im vorliegenden Fall 1980) als unbefristeter Vertrag abgeschlossen. Ein Enddatum wird nicht vereinbart, insbesondere findet sich keine Regelung, wonach der Arbeitsvertrag mit Erreichen der regelmäßigen Altersgrenze enden soll.

Der Arbeitnehmer vollendete dann im August 2007 sein 65. Lebensjahr und war der Auffassung, dass sein Arbeitsvertrag weiterhin Bestand habe.

Allerdings hatte der Arbeitgeber bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrages dem Arbeitnehmer eine Gesamtbetriebsvereinbarung übergeben, aus der sich eine Ruhegeldbezugsberechtigung bei Erreichen der damals geltenden Regelaltersgrenze in der Rentenversicherung mit Erreichen des 65. Lebensjahres ergab.

Das Bundesarbeitsgericht hat zunächst festgestellt, dass die Regelungen in der Betriebsvereinbarung dahingehend auszulegen waren, dass das Arbeitsverhältnis mit Erreichen des 65. Lebensjahres ende.

Darüber hinaus hat das BAG die Kompetenz von Arbeitgeber und Betriebsrat bestätigt, solche Regelungen zum Erreichen der Altersgrenze zu treffen, sofern keine Beendigung vor Erreichen der Regelaltersgrenze dort vorgesehen wird. Dies gelte zumindest dann, wenn sich aus einschlägigen Tarifverträgen keine Altersgrenze ergebe.

Grundsätzlich stelle eine Altersgrenze zwar eine Befristung dar, diese sei aber nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG (Teilzeit- und Befristungsgesetz) sachlich gerechtfertigt und damit zulässig. Der Arbeitgeber habe ein erhebliches Interesse daran, Vorsorge zu treffen, damit die Belegschaft nicht überaltere. Mit zunehmendem Alter sinke die Leistungsfähigkeit, es sei mit zunehmenden Zeiten der Arbeitsunfähigkeit zu rechnen. Wenn ältere Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz nicht räumen, bestünde auch keine Möglichkeit, jüngere Beschäftigte einzustellen um insoweit auch hinsichtlich Kenntnissen und Erfahrungen auf dem Laufenden zu bleiben.

Eine solche Betriebsvereinbarung, die eine Altersgrenze im Gegensatz zum Arbeitsvertrag regle, sei jedoch nur verbindlich, wenn der Arbeitsvertrag entweder auf bestehende Betriebsvereinbarungen verweise oder zumindest betriebsvereinbarungsoffen sei. Vorliegend war hierzu im Arbeitsvertrag nichts zu finden. Das Bundesarbeitsgericht ging jedoch von einer konkludent vereinbarten Offenheit für Betriebsvereinbarungen aus. Von einer solchen konkludenten Öffnung für auch abweichende Regelungen in Betriebsvereinbarung sei dann auszugehen, wenn der Arbeitsvertrag als Allgemeine Geschäftsbedingung abgeschlossen worden sei. Aus der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ergebe sich auch für den Bewerber ersichtlich, dass im Betrieb einheitliche Vertragsbedingungen gültig seien. Er müsse daher davon ausgehen, dass auch andere einheitliche Vertragsbedingungen, beispielsweise in Betriebsvereinbarungen, für ihn Gültigkeit hätten. Es sei erkennbar, dass der Arbeitgeber eine Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen anstrebe. Hieraus müsse der Bewerber/Arbeitnehmer schließen, dass die mit dem Arbeitgeber insoweit per AGB vereinbarten Arbeitsbedingungen auch Änderungen unterworfen seien, die durch Betriebsvereinbarung zustande kommen können.

Umgekehrt gelte daher: Wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Regelung treffen wollen, die unveränderbar ist und die auch durch kollektive Regelungen, wie Betriebsvereinbarung, nicht geändert werden sollen, müsste dies im Arbeitsvertrag ausdrücklich so festgehalten werden. Hier handelt es sich dabei um individuelle Vertragsbedingungen, die in der Regel auch zwischen den Parteien ausgehandelt werden müssten.

Anmerkung:

Die Auffassung des BAG, was Arbeitnehmer sich hinsichtlich einer kollektiven Änderbarkeit von Arbeitsvertragsbedingungen vorstellen, erscheint etwas lebensfremd: Arbeitnehmer, die einen Arbeitsvertrag unterschreiben, gehen regelmäßig davon aus, dass die im Arbeitsvertrag getroffenen Regelungen gelten und nicht durch andere Regelungen, auch nicht durch Betriebsvereinbarungen, geändert werden könnten. Zumindest werden sich Bewerber bei Unterzeichnung des Arbeitsvertrages hierüber keine konkreten Gedanken machen und daher auch nicht positiv überlegen, dass Änderungen des gerade Vereinbarten durch spätere Vereinbarungen mit dem Betriebsrat abgeändert werden können.

Allerdings hat die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts den Vorteil, dass Arbeitgeber zukünftig Regelungen auch dann per Betriebsvereinbarung treffen können, wenn diese teilweise zum Nachteil von Arbeitnehmern von arbeitsvertraglichen Vereinbarungen abweichen. Dies ermöglicht dem Arbeitgeber die Durchführung entsprechender Änderungen, indem er diese allein mit dem Betriebsrat aushandelt und vereinbart. Er muss dann nicht mehr mit allen betroffenen Arbeitnehmern im Einzelfall Änderungsvereinbarungen schließen oder Änderungskündigungen aussprechen.

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