LAG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. September 2014, 12 Sa 505/14

Eine Bank hatte mit einem ihrer Firmenkundenberater nach entsprechender Erörterung eine Vereinbarung über Tele-Arbeit getroffen. Danach sollte der Mitarbeiter etwa 40% seiner Tätigkeit zu Hause erledigen können. Gegenstand der Vereinbarung war daneben auch, dass es keinen Rechtsanspruch auf einen alternierenden Tele-Arbeitsplatz gäbe, und dass beide Seiten die Vereinbarung mit einer Frist von vier Wochen kündigen könnten.

Später hat dann der Arbeitgeber – ohne Beteiligung des Betriebsrats – diese Tele-Arbeits-Vereinbarung gekündigt. Der Arbeitnehmer war damit nicht einverstanden und hat geklagt. Das LAG hielt die Regelung, wonach ohne Angabe von Gründen eine Kündigung der Tele-Arbeits-Vereinbarung möglich sei, für unwirksam und hat sich dabei auf das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen berufen. Diese in §§ 305-310 BGB zu findenden Regelung sollen dafür sorgen, dass der Vertragspartner eines Vertragsschließenden, der vorformulierte Vertragsbedingungen verwendet, die für eine Mehrzahl von Fällen vorgesehen sind, gegenüber solchen schlecht nachprüfbaren und möglicherweise einseitigen Regelungen geschützt wird. Verboten sind demnach Allgemeine Geschäftsbedingungen, die den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.

Vorliegend hat das Gericht gerügt, die Kündigung der Tele-Arbeit sei durch den Arbeitgeber voraussetzungslos jederzeit möglich. Aus Sicht des Gerichts hätte zumindest beispielhaft vereinbart werden müssen, in welchen Fällen der Arbeitgeber die Tele-Arbeits-Vereinbarung kündigen darf.

Darüber hinaus sei in der Vereinbarung nicht zu erkennen, dass bei einer Kündigung auch die Interessen des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigt werden müssen. Hier fehle eine Interessenabwägung zwischen den näher zu definierenden Kündigungsinteressen des Arbeitgebers und den ggf. insoweit bestehenden widersprechenden Interessen des Arbeitnehmers. Daher verstoße die nicht näher geregelte Kündigungsmöglichkeit zu Gunsten des Arbeitgebers gegen das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Eine Klausel die insoweit unwirksam ist, ist ersatzlos aus dem Vertrag zu streichen, so dass das Kündigungsrecht des Arbeitgebers entfalle.

Überdies sei der Betriebsrat nicht angehört worden: Die Kündigung der Tele-Arbeits-Vereinbarung sei letztlich wörtlich und im übertragenen Sinn nichts anderes als eine Versetzung des Arbeitnehmers, für die nach § 99 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht.

Praxistipp:

Bis zum Jahre 2004 konnten Klauseln, die beanstandet wurden, weil sie den Arbeitnehmer entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen, vom Gericht noch auf den noch zulässigen Regelungsinhalt reduziert werden. Danach hätte im konkreten Fall eine Prüfung stattgefunden, ob der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der Interessen des Arbeitnehmers zur Kündigung berechtigt war. Nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (gültig seit 2004) ist jedoch eine solche Reduktion des Regelungsgehaltes, um die Regelungen dem Grunde nach wirksam bleiben zu lassen, verboten. Vielmehr entfällt nunmehr die gesamte unwirksame Regelung ersatzlos. Deshalb darf sich der Arbeitgeber auch in den konkreten Fällen, in denen er einen guten Grund für die Kündigung der Vereinbarung hat und sich auch aus Sicht des Arbeitnehmers keine objektiv überzeugenden Gründe für die Beibehaltung der Tele-Arbeits-Vereinbarung ergeben, nicht auf diese einseitige Kündigungsmöglichkeit berufen. Für deren Unwirksamkeit reicht aus, dass auch nur eine Gestaltung abstrakt denkbar ist, bei der der Arbeitnehmer entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligt wird.

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