Gleichbehandlung bei Dienstkleidungsvorschriften

Am 16. Februar 2015, von Michael Eckert

BAG, Urteil vom 30. September 2014, 1 AZR 1083/12

Streitig war im vorliegenden Fall, ob ein Pilot verpflichtet war, eine sogenannten Cockpit-Mütze (Pilotenmütze) zu tragen.

Im Betrieb des Klägers gab es eine Betriebsvereinbarung zur Dienstbekleidung für das Cockpit-Personal. Dort war geregelt, dass das Cockpit-Personal während des Flugeinsatzes eine Uniform tragen musste. Zusätzlich zu der regulären Oberbekleidung dieser Uniform war vorgeschrieben, dass männliche Piloten in dem der Öffentlichkeit zugänglichen Bereich des Flughafens eine sogenannte „Cockpit-Mütze“ tragen mussten. Pilotinnen waren von dieser Pflicht nicht betroffen, sie konnten frei entscheiden, ob sie mit oder ohne Cockpit-Mütze auftreten wollten. Bei ihnen gehörte die Cockpit-Mütze auch nicht zur vorgeschriebenen Uniform.

Der männliche Pilot hielt diese unterschiedliche Ausgestaltung für unwirksam, da er die Mütze nicht tragen wollte. Der Arbeitgeber hatte sich auf das klassische Pilotenbild und die bei dem Tragen einer Cockpit-Mütze möglicherweise gefährdete „Frisurgestaltung weiblicher Cockpit-Mitglieder“ berufen.

Das Bundesarbeitsgericht hat aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen entschieden, die unterschiedliche Ausgestaltung der Tragepflicht verstoße gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und sei unwirksam. Zwar sei grundsätzlich eine einheitliche Dienstkleidung durchaus sinnvoll und könne auch im Wege einer Betriebsvereinbarung geregelt werden, um das Cockpit-Personal in der Öffentlichkeit als hervorgehobene Repräsentanten des beklagten Luftfahrtunternehmens kenntlich zu machen. Zu diesem Regelungszweck sei es aber nicht erforderlich, männliche Piloten zum Tragen einer Mütze zu zwingen. Ob neben dem Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz auch noch eine Benachteiligung des männlichen Geschlechts wegen der einseitigen Mützentragepflicht vorliege, hat das BAG offen gelassen.

Anmerkung:

Aus meiner Sicht hat das BAG hier den Gleichbehandlungsgrundsatz überstrapaziert bzw. nicht zutreffend angewendet. Eine Gleichbehandlungspflicht besteht nur bei gleichem Sachverhalt. Weisen zwei Sachverhalte sachliche Unterschiede auf, greift die Gleichbehandlungspflicht nicht ein.

Zu fragen war hier also, ob männliche und weibliche Cockpit-Besatzungen gleich sind oder ob hier zumindest Äußerlichkeiten wie eine Uniform, also Oberbekleidung, eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen.

Die Tatsache, dass Männer und Frauen sich unterschiedlich kleiden, bedarf keiner weiteren Ausführungen. Es entspricht nicht nur der Lebenserfahrung, sondern auch sachlichen Unterschieden, zum Beispiel in Körperbau, Mode etc., solche unterschiedlichen Bekleidungsgewohnheiten in der Praxis anzuerkennen, auch im Arbeitsleben.

Wenn, beispielsweise bei Cockpit-Besatzungen, vorgeschrieben wird, dass Männer einen in bestimmter Form und Farbe gehaltenen Anzug mit weißem Hemd und Krawatte in einer bestimmten Farbe tragen und dies deshalb unzulässig sein soll, weil Frauen beispielsweise nicht verpflichtet sind, die gleichen Kleidungsstücke, insbesondere auch ein Hemd, eine Krawatte, bestimmte Schuhe (!) o. ä. zu tragen, wird der Gleichbehandlungsgrundsatz ad absurdum geführt.

Die konkreten Bekleidungsvorschriften der Luftfahrtgesellschaft sind hier nicht bekannt. Was wäre aber, wenn den weiblichen Cockpit-Besatzungen freigestellt wäre, Hosen oder Rock zu tragen. Wäre dies auch eine Ungleichbehandlung gegenüber den männlichen Cockpit-Besatzungen, die keinen Rock tragen dürfen? Müssen Frauen eine Krawatte tragen, nur weil sie bei Männern vorgeschrieben ist oder muss die Krawattenpflicht entfallen, nur weil Frauen nicht zum Tragen einer Krawatte verpflichtet sind? Wie sieht es mit der Höhe der Schuhabsätze aus? Darf es auch hier keine Unterschiede geben?

Die Tatsache, dass weibliche Frisuren möglicherweise eher unter einer „Cockpit-Mütze“ leiden, als – soweit vorhanden – männliche Frisuren, ist nachvollziehbar. Es ist daher angemessen und verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn Frauen insoweit nicht gezwungen sind, eine Mütze zu tragen. Dies gilt insbesondere deshalb, da bekanntlich die Mützentragepflicht ohnehin nur bis zum 55. Lebensjahr besteht, da anschließend bereits der Ruhestand beginnt/begann. Zumindest der Autor möchte auch in Zukunft von männlichen rocktragenden Cockpit-Besatzungen mit oder ohne Mütze verschont werden.

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