BAG, Urteil vom 15. Mai 2013; 10 AZR 325/12

Eine Arbeitnehmerin ist als außertarifliche Mitarbeiterin beim Arbeitgeber beschäftigt und erhält ein Jahresgehalt von € 95.000,00 brutto. Eine feste Arbeitszeitregelung findet sich im Arbeitsvertrag nicht. Allerdings ist dort ein Hinweis auf darauf zu finden, dass die Mitarbeiterin auch „außerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeit“ verpflichtet sei, zu arbeiten.

In einer mit dem Betriebsrat getroffenen Betriebsvereinbarung, die für alle Mitarbeiter Geltung hat, wurde die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf 38 Stunden festgelegt. Die Mitarbeiterin hat sich geweigert, diese 38 Stunden zu arbeiten. Ihr Arbeitszeitkonto wies im November 2010 ein Minus von 686 Stunden auf. Da sich Arbeitgeber und Arbeitnehmerin nicht anderweitig einigen konnten, hat der Arbeitgeber die Arbeitnehmerin aufgefordert, zukünftig die vollen 38 Stunden wöchentlich zu arbeiten und, solange dies nicht geschieht, ihr Gehalt gekürzt. Die Klägerin klagte auf Feststellung, sie sei nicht verpflichtet, 38 Stunden zu arbeiten. Mangels Vereinbarung im Arbeitsvertrag gelte für sie eine sog. „Vertrauensarbeitszeit“. Der Arbeitgeber hat dagegen eingewandt, eine Vertrauensarbeitszeit sei gerade nicht vereinbart worden. Hinzu komme, dass die Klägerin die ihr übertragenen Aufgaben, die während einer Arbeitszeit von 38 Stunden ohne weiteres zu erledigen wären, regelmäßig nicht erledigt hätte und im Übrigen auch für Vorgesetzte oft nicht erreichbar gewesen sei.

Alle drei Instanzen haben die Klage der Arbeitnehmerin zurückgewiesen. Wenn im Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich eine verbindliche Arbeitszeit vereinbart sei, gelte die übliche Arbeitszeit. Dies sei hier die betriebsübliche Arbeitszeit mit 38 Wochenstunden. Dies sei das Mindestmaß für die Klägerin, zumal diese sich im Arbeitsvertrag verpflichtet hatte, auch darüber hinaus zu arbeiten. Eine konkrete Verpflichtung, mehr als 38 Wochenstunden Arbeitsleistung zu erbringen, bestand vertraglich vorliegend allerdings nicht: Der Arbeitgeber hatte es versäumt, eine Obergrenze für diese „Überstunden“ im Arbeitsvertrag festzulegen, so dass die Verpflichtung nach AGB-Regelungen letztlich unwirksam blieb und sich die Arbeitsverpflichtung auf 38 Wochenstunden konkretisiert hat.

Etwas anderes hätte auch letztlich nicht bei einer Vertrauensarbeitszeit gegolten. Gegenstand einer Vertrauensarbeitszeit ist im Wesentlichen nur die Entbindung der Arbeitnehmer von der Verpflichtung, die Arbeitszeit „aufzuschreiben“ oder anders zu erfassen. Solange der Arbeitnehmer die ihm übertragenen Arbeiten pflichtgemäß erledigt und für Vorgesetzte im üblichen Rahmen erreichbar ist, geht der Arbeitgeber vertrauensvoll davon aus, dass der Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitszeit erbringt, ohne dass diese nach Tag und Stunde festgehalten werden muss. Von einer solchen Erbringung der Arbeitspflichten war die Arbeitnehmerin im vorliegenden Fall aber offensichtlich weit entfernt.

Stichworte:
 

Comments are closed.