(Zeugnis): Anspruch auf eine durchschnittliche Zeugnisnote

Am 30. September 2013, von Michael Eckert

Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 27.05.2013; 28 Ta 18230/11

Bislang war der Arbeitgeber in der Regel verpflichtet, ein Zeugnis zumindest mit der Note befriedigend“ zu erteilen. Will der Arbeitgeber ein schlechteres Zeugnis erstellen, ist er im Fall eines Zeugnisrechtsstreits darlegungs- und beweisbelastet dahingehend, dass die Leistungen und die Führung des Arbeitnehmers jedenfalls nicht durchschnittlichen, nämlich „befriedigenden“ Anforderungen genügen. Umgekehrt gilt: Will der Arbeitnehmer ein besseres Zeugnis als ein solches mit der Note „befriedigend“, muss er seinerseits darlegen und beweisen, dass seine Leistungen besser oder sogar wesentlich besser als der Durchschnitt waren.

Das Arbeitsgericht Berlin hat jetzt einseitig insoweit eine neue Forderung erhoben:

Der Arbeitgeber müsse, so das Gericht, nicht mehr zumindest ein Zeugnis mit der Note befriedigend, sondern ein solches mit der Note gut erstellen. Das Gericht beruft sich darauf, etwa 80% aller Arbeitszeugnisse würden mit der Note „gut“ oder „sehr gut“ ausgestellt werden, so dass die Note „gut“ aktuell den Durchschnitt repräsentiere.

Anmerkung:

Diese Entscheidung steht bisher allein, ist nicht zu Ende gedacht und ist unzutreffend. Daher gibt es auch keine weitere arbeitsgerichtliche oder gar ober- höchstrichterliche Entscheidung in dieser Richtung.

Es kommt im Ergebnis nicht darauf an, wie viel Zeugnisse mit welcher Note erstellt werden. Entscheidend ist allein, was eine durchschnittliche Benotung darstellt, welche Leistung also der Arbeitgeber von einem Arbeitnehmer in der Regel erwarten kann. Dies sind nur befriedigende Leistungen. Hätte der Arbeitgeber Anspruch auf gute Leistungen, könnte er die vom Arbeitsgericht Berlin angestellte Überlegung sehr schnell zum Nachteil der Arbeitnehmer „umdrehen“: Erbringt ein Arbeitnehmer lediglich befriedigende und nicht gute oder sehr gute Leistungen, hätte er dann bereits Probleme als sog. „Underperformer“ und müsste den Ausspruch einer verhaltens- bzw. personenbedingten Kündigung gewärftigen. Wenn der Arbeitgeber nur durchschnittliche Leistungen fordern darf, muss er auch berechtigt sein, solche befriedigende Leistungen zu attestieren. Das Urteil zu Ende gedacht, würden bald fast nur noch die Noten 1 + 2 vergeben, der Durchschnitt würde also allein durch die Rechtsprechung immer höher „wandern“.

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