BAG, Urteil vom 28.06.2012; 6 AZR 682/10

Bei Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber zunächst den Wegfall eines Arbeitsplatzes darlegen und beweisen. Welcher Mitarbeiter dann von einer Kündigung betroffen ist, entscheidet sich anhand der Sozialauswahl. Dort werden die Kriterien Alter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung geprüft und vom Arbeitgeber gewichtet. Will der Arbeitgeber insoweit auf generell festgelegte Kriterien, z.B. sog. Sozialpunkte, zurückgreifen, bedarf er hierzu der Zustimmung des ggf. bestehenden Betriebsrates.

Wie die Gewichtung der einzelnen Kriterien zueinander vorzunehmen ist, entscheidet der Arbeitgeber. Er muss nur alle vier Kriterien angemessen berücksichtigen.

Die Merkmale „Alter“ und „Betriebszugehörigkeit“ sind dem Arbeitgeber in der Regel bekannt. Bei den Unterhaltspflichten sind diese Informationen aber möglicherweise nur sehr lückenhaft. Hier hat der Arbeitgeber die Wahl, entweder auf die vorliegenden Informationen und Unterlagen zu vertrauen oder sämtliche in Betracht kommenden Arbeitnehmer zu befragen. Ersteres birgt das Risiko, dass die Informationen nicht vollständig und aktuell sind, letzteres würde zu erheblicher Unsicherheit bei den Beschäftigten führen.

Hier hat das BAG nun eine für den Arbeitgeber wichtige Entscheidung getroffen: Dieser darf auf die ihm – insbesondere aus der Lohnsteuerkarte – oder den sonstigen Lohnsteuerunterlagen – bekannten und vorliegenden Informationen vertrauen.

In dem jetzt entschiedenen Fall musste ein Insolvenzverwalter eine Reihe von betriebsbedingten Kündigungen aussprechen. Aus den Unterlagen zweier Arbeiter ging hervor, dass diese jeweils einem Kind gegenüber – neben der Ehefrau – unterhaltsverpflichtet waren. Derjenige Mitarbeiter, auf den das Los der Kündigung – aus anderen Gründen im Rahmen der Sozialauswahl – fiel, trug im Rahmen der Kündigungsschutzklage vor, er sei in Wahrheit gegenüber zwei Kindern unterhaltsverpflichtet. Eine erwachsene Tochter, die sich noch in Ausbildung befinde, stehe allerdings nicht auf der Lohnsteuerkarte. Daher sei er sozial stärker schutzbedürftig, als der vergleichbare Arbeitnehmer mit lediglich einem unterhaltsberechtigten Kind

Das BAG hat die Kündigungsschutzklage in letzter Instanz zurückgewiesen. Der Arbeitgeber war, so die Bundesrichter, berechtigt, auf die ihm vorliegenden Unterlagen zu vertrauen und diese zur Grundlage seiner Auswahlentscheidung zu machen.

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