LAG Nürnberg, Urteil vom 16. Mai 2012, 2 Sa 574/11

Ein Autohaus suchte über eine Stellenanzeige einen Finanzbuchhalter bzw. eine Finanzbuchhalterin, wobei die „Stellenausschreibung“ neben dem Anforderungsprofil auch folgende Formulierung aufwies: „Wollen Sie gemeinsam mit uns erfolgreich sein? Unser Autohaus ist Teil einer innovativen, mehrfach im Bereich Kundenzufriedenheit ausgezeichneten Unternehmensgruppe. Wir bieten einen zukunftssicheren Arbeitsplatz in einem jungen und motivierten Team.“

U.a. bewarb sich ein 1952 geborener Bewerber, der zum Bewerbungszeitpunkt bereits acht Jahre arbeitslos war. Er erhielt eine Absage mit dem Hinweis, dass das Unternehmen ihm „keinen Arbeitsplatz entsprechend seinen Fähigkeiten anbieten könne:

Daraufhin verlangte der abgewiesene Bewerber „unter Bezugnahme auf juristische Fachliteratur und Rechtsprechung“ eine Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG in Höhe von drei Monatsgehältern sowie darüber hinaus Schadenersatz in Höhe von einem Monatsgehalt gemäß § 15 Abs. 1 AGG. Er vertrat die Auffassung, die Erwähnung eines „jungen Teams“ sei keine reine Selbstdarstellung eines bestehenden Zustandes, sondern würde ältere Bewerber wie ihn faktisch ausschließen. Da lediglich junge Bewerberinnen und Bewerber gewünscht würden, sei seine Bewerbung auch nicht angenommen worden.

Sowohl Arbeitsgericht als auch Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Allein in dem Hinweis auf ein „junges Team“ sei kein Anhaltspunkt für eine bestehende Diskriminierungsabsicht zu sehen.

Der Arbeitgeber hat erfreulich ausführlich vorgetragen. Danach sei der Hinweis auf ein „junges Team“ lediglich eine Selbstdarstellung und habe eine gewisse Marketingwirkung aufweisen sollen. Ältere und jüngere Arbeitnehmer würden gleichermaßen berücksichtigt werden. Der Altersdurchschnitt ohne Ausbildende liege allgemein bei 38 Jahren und in der Buchhaltung, für die die Stelle ausgeschrieben sei, sogar bei 47 Jahren. Gerade die Buchhaltung sei daher kein junges Team und der Kläger hätte aufgrund seines Alters gut in das Team gepasst.

Die Bewerbung sei allein aus altersunabhängigen Gründen abgelehnt worden: Sie habe keinerlei Bezug zu dem angebotenen Arbeitsplatz gehabt und sei inhaltlich völlig unstrukturiert gewesen. Der Bewerbung habe ein umsortiertes größeres Anlagenkonvolut beigelegen. Die äußere Form sei negativ aufgefallen, da zur Präsentation ein völlig abgegriffener verdreckter Schnellordner eingereicht worden sei. Man habe daher den Eindruck gehabt, dass der Kläger nicht ernsthaft an der Stelle interessiert sei. Schon die Form und der Aufbau der Bewerbung habe gezeigt, dass der Kläger nicht in der Lage sei, die hohen Anforderungen an Ordnung, Präzision, Genauigkeit, Übersichtlichkeit etc. zu erfüllen, die gerade im Bereich der Finanzbuchhaltung dringend erforderlich seien. Die Bewerbung gäbe Zeugnis von der ungeordneten und nicht strukturierten Arbeitsweise des Klägers.

Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass der Kläger keine ausreichenden Indiztatsachen für eine Benachteiligung dargelegt oder gar bewiesen habe. Daher sei die Beweislast auch beim Bewerber (Kläger) verblieben und es sei keine Situation eingetreten, wo der Arbeitgeber die „Nichtdiskriminierung“ beweisen müsse.

Der Hinweis auf ein junges, erfolgreiches Team könne zwar generell verfänglich sein und auf eine bestehende Diskriminierungsabsicht hinweisen. Vorliegend sei der Begriff jedoch eingebettet in eine Form pauschaler Selbstdarstellung des Arbeitgebers. Hier gehe es nicht um die Eigenschaften, die der Bewerber haben müsse, sondern vielmehr um eine umfassende Darstellung des Unternehmens, dessen Auszeichnung etc. Hier stünden Marketings-Gesichtspunkte im Rahmen der Selbstdarstellung und nicht die gewünschten Eigenschaften des Bewerbers im Vordergrund.

Der Arbeitgeber hatte auch, so dass LAG, nachvollziehbar dargelegt, warum die Bewerbung keinen Erfolg hatte. Das Bewerbungsschreiben sei völlig nichtssagend, sehr kurz und nicht ganz nachvollziehbar. Beigefügt seien immerhin 38 DINA 4-Seiten allein an Zeugnissen, ohne dass hier ein roter Faden oder ähnliches erkennbar sei. Inhalt und Zahl der Anlagen sei nicht erwähnt. Im Gegensatz zu den Aufgaben eines Bilanzbuchhalters zeige der Bewerber, dass er noch nicht einmal in der Lage sei, seine eigenen Unterlagen zu strukturieren. Der Arbeitgeber konnte daher durchaus davon ausgehen, dass der Bewerber auch nicht in der Lage sein werde, die ihm überantworteten Bilanz- und Buchhaltungsunterlagen des Unternehmens ordnungsgemäß zu führen.

Den Ausschlag für die Ablehnung des Klagegesuchs gab dann noch die Formulierung, wonach für den Bewerber „ein Vollzeitarbeitsplatz ggf. „Vorrang vor einem derzeitigen geringfügigen Beschäftigungsverhältnis“ habe. Die Verwendung des Konjunktivs und des Begriffes „ggf.“ würden kein unbedingtes Interesse des Klägers an der Stelle zeigen. Es fehle hier der Bezug der Bewerbung zu dem Unternehmen, bei dem sich der Kläger beworben hat und bis auf die Anrede fehle darüber hinaus jeder individuelle Bezug. Das Gericht kommt daher zu dem Ergebnis, dass der Kläger aus nachvollziehbaren und anerkennungswerten Gründen und nicht wegen seines Alters abgelehnt wurde.

Praxistipp:

Die vorliegende Entscheidung betrifft einen Grenzfall. In einem ähnlichen Fall hatte das Landesarbeitsgericht Hamburg noch im Jahr 2010 (Urteil vom 23. Juni 2010; 5 Sa 14/10) ganz anders entschieden. Dort hatte sich die Formulierung mit dem „jungen Team“ in einen etwas abgewandelten Kontext wie folgt gefunden: „Wir bieten Ihnen … die Möglichkeit, eigene Ideen und Vorstellungen in ein junges, erfolgreiches Team einzubringen“. Hier war der Begriff des „jungen Teams“ eher im Zusammenhang mit Eigenschaften und Qualifikationen des Bewerbers angesprochen worden und nicht im Rahmen einer Selbstdarstellung des Arbeitgebers.

Wie die divergierenden Entscheidungen zeigen, ist die Verbindung von Begriffen, die sich mit Jugend/Alter etc. befassen, generell eine Gradwanderung darstellt und bei der Formulierung von Stellenausschreibungen, Anzeigen o.ä. auf jeden Fall vermieden werden sollte. AGG-Verfahren mit abgelehnten Bewerbern sind für Arbeitgeber extrem ärgerlich, zumal bereits jede Stellenausschreibung für das Unternehmen mit einem erheblichen Arbeits-, Zeit- und finanziellen Aufwand verbunden ist. Daher sollte jede Formulierung, die auch nur am Rande eines der verbotenen Unterscheidungskriterien des AGG enthalten könnte, vermieden werden.

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