BAG, Urteil vom 21. Juni 2012, 2 AZR 153/11

Nach „Emmely“ sowie weiteren Fällen, bei denen es um die Entwendung geringwertiger Sachen ging (Maultaschen, Brötchen, Frikadellen etc.) und dem unerwarteten Ausgang des Rechtsstreits zugunsten von „Emmely“ herrscht in den Personalabteilungen teilweise Ratlosigkeit, wann im Zusammenhang mit der Entwendung geringwertiger Sachen noch eine (fristlose außerordentliche) Kündigung zulässig ist. Hier hat BAG nun wieder ein wenig Rechtsklarheit hergestellt:

Zunächst haben die Richter in Erfurt entschieden, dass die Entwendung einer Packung Zigaretten aus dem Warenbestand des Arbeitgebers selbstverständlich einen Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung darstellen kann. Dies gilt auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis zuvor über mehrere Jahre ohne Beanstandung bestand.

Darüber hinaus hat das BAG entschieden, dass der Arbeitgeber Beweismaterial verwenden darf, das er anlässlich einer verdeckten und dem Arbeitnehmer nicht bekannten Videoüberwachung erlangt hatte. Voraussetzung für diese Verwertungsmöglichkeit ist allerdings, dass es sich um öffentlich zugängliche Arbeitsplätze handelt, bei denen der Arbeitnehmer generell (nicht nur durch eine Videoüberwachung) mit einer Beobachtung rechnen muss. Wichtig ist darüber hinaus auch, dass der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers oder dessen Kunden besteht und weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachtes entweder ergebnislos eingesetzt wurden oder von vorneherein aussichtslos erscheinen. Die verdeckte Videoüberwachung muss mit anderen Worten das einzig erfolgversprechende Mittel zur Aufklärung des Verdachtes darstellen und darf darüber hinaus auch nicht unverhältnismäßig sein. So wären beispielsweise auch bei Diebstahl wertvoller Gegenstände Videoaufnahmen etwa auf der Mitarbeitertoilette nicht zulässig.

Solche verdeckt angefertigten Videoaufnahmen könnten im Prozess zum Beweis einer Straftat auch dann verwendet werden, wenn die im Bundesdatenschutzgesetz geforderte Erkennbarkeit der Videoüberwachung oder die Zustimmung des betreffenden Arbeitnehmers fehle, soweit die o.g. Voraussetzungen eingehalten sind.

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