Verfall von Urlaubsansprüchen bei langfristiger Krankheit

Am 14. Januar 2013, von Michael Eckert

BAG, Urteil vom 07. August 2012 – 9 AZR 353/10

Vorliegend hat das BAG zwei wichtige Aspekte im Zusammenhang mit Urlaubsansprüchen geregelt.

Nicht ganz nachvollziehbar ist zunächst die Entscheidung, dass der gesetzliche Mindesturlaub auch dann entsteht, wenn das Arbeitsverhältnis ruht. Im konkreten Fall war eine Arbeitnehmerin im gesamten Urlaubsjahr arbeitsunfähig erkrankt. Sie erhielt eine befristete Rente wegen Erwerbsminderung. Für solche Fälle sah der Tarifvertrag das Ruhen des Arbeitsverhältnisses vor.

Trotz dieses ruhenden Arbeitsverhältnisses geht das BAG davon aus, dass der gesetzliche Mindesturlaub weiterhin entstehe. Dies ist aus Sicht des Autors neu und kommt recht überraschend.

Ruht ein Arbeitsverhältnis sind in der Regel die gegenseitigen Rechte und Pflichten abbedungen und entstehen nicht. Weder hat der Arbeitgeber einen Anspruch auf Arbeitsleistung noch der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Vergütung. Ganz unabhängig davon erscheint es sehr lebensfremd, bei einem ruhenden Arbeitsverhältnis grundsätzlich einen Erholungsbedarf und daraus folgend einen Urlaubsanspruch zu erkennen.

Praxistipp:

Arbeitgeber müssen nach dieser Entscheidung eventuell bestehende ruhende Arbeitsverhältnisse daraufhin überprüfen, ob insoweit mit der Entstehung eines gesetzlichen Urlaubsanspruches zu rechnen ist. Keinen Urlaubsanspruch kann es beispielsweise geben, wenn das Arbeitsverhältnis wegen eines Wehrdienstes, Ersatzdienstes, während der Elternzeit oder aus ähnlichen Gründen geruht hat.

Der zweite Teil der Entscheidung bestätigt letztlich noch einmal die vom Europäischen Gerichtshof festgelegte Grundlinie, wonach Ansprüche auf den gesetzlichen Mindesturlaub auch bei lang andauernder und zur Arbeitsunfähigkeit führender Krankheit für einen Zeitraum von 15 Monaten nach Ende des Urlaubsjahres nicht verfallen.

Bislang war zwar die Grenze von 15 Monaten aus der Rechtsprechung des EuGH bekannt, die Auslegung war jedoch aufgrund der Entscheidungsformulierung des EuGH etwas streitig. Teilweise wurde auch vertreten, die 15-Monatsfrist schließe an die im deutschen Urlaubsrecht vorgesehene Verfallsfrist von drei Monaten an.

Nun steht jedoch fest, dass der Urlaub bei Langzeiterkrankung dann verfällt, wenn er nicht binnen 15 Monaten nach Ende des Urlaubsjahres (31.12.) angetreten wird.

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