Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 26. Januar 2012, C 586/10

Die Tatsache, dass befristete Arbeitsverträge unter bestimmten Voraussetzungen als Ausnahme von der Regel (unbefristete Verträge) zulässig sind, ist europarechtlich unstreitig.

Im vorliegenden Fall ging es aber darum, dass mit einem Arbeitnehmer über viele Jahre hinweg immer wieder befristete Arbeitsverträge mit unterschiedlicher Begründung abgeschlossen worden sind. Insgesamt dauerten diese verschiedenen Arbeitsverhältnisse von Juli 1996 bis Dezember 2007. Pikanterweise war Arbeitgeber das Amtsgericht Köln. Gründe für die insgesamt 13 befristeten Verträge waren Vertretungen für Arbeitnehmer mit familienbedingter Auszeit oder aus anderen Gründen.

Die Arbeitnehmerin hatte Klage erhoben mit der Begründung, der letzte geschlossene befristete Arbeitsvertrag sei rechtswidrig, da bei der Anzahl der Vertretungsfälle insgesamt beim Amtsgericht nicht mehr von einem vorübergehenden Bedarf ausgegangen werden könne, wie es im Arbeitsvertrag als Befristungsgrund vermerkt war.

Vielmehr würden Kettenbefristungen wie in ihrem Fall und auch andere Vertretungsarbeitsverträge zeigen, dass beim Amtsgericht aufgrund der großen Zahl von dort beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein ständiger Vertretungsbedarf vorliege. Irgendjemand sei immer krank, in Urlaub, in Elternzeit, im Mutterschutz o.ä. Diese laufenden Vertretungen seien somit nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel, weshalb kein befristeter, sondern ein unbefristeter Vertrag hätte abgeschlossen werden müssen.

Dem ist der EuGH entgegen getreten. Der bloße Umstand, dass ein wiederkehrender oder sogar ständiger Bedarf an Vertretungen durch mehrere befristete Arbeitsverhältnisse – auch mit der gleichen Person – statt durch die Einstellung im Rahmen eines unbefristeten Vertrages abgedeckt würde, führe nicht zur Unwirksamkeit der Befristung.

Der Arbeitgeber kann also somit regelmäßig nicht gezwungen werden, mit festen unbefristeten Verträgen eine Personalreserve „vorzuhalten“.

Die Voraussetzung für die Anerkennung einer Sachgrundbefristung ist jedoch vom Arbeitgeber nachzuweisen. Je häufiger es in der Vergangenheit – insbesondere wenn es keine Unterbrechungen gibt – befristete Arbeitsverträge abgeschlossen worden sind, desto höher müssen letztlich die Befristungsinteressen des Arbeitgebers sein. Allein die Möglichkeit für den Arbeitgeber, eine Personalreserve durch Dauerarbeitsverträge einzustellen, führt aber nicht zur Unwirksamkeit befristeter Verträge, wenn der Arbeitgeber sich zur Abdeckung des Bedarfs verschiedener befristeter Verträge bedient. Es ist also nicht ganz ausgeschlossen, dass bei einer besonders großen Zahl von Befristungen einerseits und einer schlechten Begründung der Befristungsnotwendigkeit andererseits, eine Befristung als unwirksam angesehen wird.

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