E-Mail und Internetnutzung als Kündigungsgrund

Am 26. März 2012, von Michael Eckert

Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 14. September 2011, 18 LP 15/10

Immer wieder stellt sich in der Praxis die Frage, ob und wenn ja in welchen Fällen eine private Nutzung von E-Mail und Internet am Arbeitsplatz eine arbeitgeberseitige Kündigung rechtfertigen kann.

Grundsätzlich gilt: Zunächst muss der Arbeitgeber klare Vorgaben machen, also die Internetnutzung so regeln, dass klar ist, was erlaubt und was verboten ist. Sodann muss er bei festgestellten Verstößen grundsätzlich diese abmahnen. Erst in einem dritten Schritt kann dann gegebenenfalls eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen werden.

Diesem Grundsatz ist auch das Oberverwaltungsgericht in Niedersachsen mit der aktuellen Entscheidung gefolgt. Zugrunde lag der Fall eines Hausmeisters, der zur Hälfte für seine Personalratstätigkeit freigestellt worden war. In seiner Hausmeisterloge befand sich ein Computer, auf dem er in erheblichem Maße privat gesurft hatte. Dies war dann der Grund für eine vom Arbeitgeber ausgesprochene fristlose außerordentliche Kündigung. In einem Zeitraum von sieben Wochen hatte der Arbeitnehmer an 12 Tagen im Durchschnitt eine Stunde täglich privat gesurft, was kein Grund war für eine sofort ausgesprochene außerordentliche Kündigung.

Praxistipp: Urteile von Arbeitsgerichten oder – bei Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes (wie im entschiedenen Fall) – von Verwaltungsgerichten zum Internetsurfen stellen oft Einzelfallentscheidungen dar.

Bei Beachtung der oben genannten drei Regeln ist zumindest eine ordentliche Kündigung begründbar.

Nur ausnahmsweise ist auch eine außerordentliche fristlose Kündigung ohne Abmahnung denkbar. Dann muss der Arbeitgeber aber den Sachverhalt zweifelsfrei beweisen können und es muss sich um einen besonderen Fall einer exzessiven privaten Nutzung des Internets während der Arbeitszeit handeln. Hier einige Hinweise, auf die der Arbeitgeber immer achten sollte:

Klare arbeitgeberseitige Weisung: Der Arbeitgeber darf nicht eine mehr oder weniger ausgeprägte private Internetnutzung über lange Zeit dulden und dann (plötzlich) Kündigungen aussprechen. Zulässig ist generell eine einseitige Arbeitgeberweisung, die die private Nutzung entweder ganz verbietet oder beispielsweise auf die Pausenzeiten beschränkt. Die Anweisung sollte schriftlich erfolgen und jeder Mitarbeiter sollte in einer Liste oder auf einer Kopie durch Unterschrift zeigen, dass er Kenntnis hiervon genommen hat.

Die Erlaubnis, in den Pausen zu surfen, ist aber nur dann sinnvoll, wenn die Pausen zeitlich feststehen und nicht vom Arbeitnehmer individuell genommen werden können, da andernfalls eine wirksame Kontrolle praktisch nicht möglich ist.

Zugleich mit dem Verbot der privaten Internetnutzung (oder einer teilweisen Erlaubnis), am besten jedoch bereits im Arbeitsvertrag sollte der Arbeitgeber sich von seinen Mitarbeitern eine gesonderte schriftliche Erklärung unterzeichnen lassen, wonach diese sich mit einer Kontrolle ihrer E-Mails und ihres Internetsurfverhaltens einverstanden erklären. Andernfalls kann eine spätere Überwachung problematisch werden.

In jedem Fall verbieten sollte der Arbeitgeber vorsichtshalber ausdrücklich auch die Nutzung strafrechtlich relevanter Seiten, pornografischer Seiten etc. Ein solches Verbot hat aber nur Appellcharakter: Wer – auch ohne dass es ausdrücklich verboten ist – von seinem Arbeitsplatz aus beispielsweise kinderpornografische oder gewaltverherrlichende Seiten aufruft, muss ohnehin mit einer fristlosen außerordentlichen Kündigung rechnen, insbesondere, wenn der Arbeitgeber beweisen kann, dass dies während der Arbeitszeit geschehen ist. In diesen Fällen haben auch die Arbeitsrichter ein anderes Spaßverständnis als die gekündigten Mitarbeiter.

Bei Verstößen sollte der Arbeitgeber nicht zu lange ein Auge zudrücken: Zum einen erweckt dies den Endruck, ein bestimmtes Verhalten werde geduldet, zum anderen fehlt es dann bei späteren Verstößen an den notwendigen Voraussetzungen für den Ausspruch einer Kündigung.

Soll eine Kündigung aus dem genannten Grund ausgesprochen werden, muss der Arbeitgeber beweisen, dass der betroffene Arbeitnehmer selbst am PC saß (und nicht vielleicht ein Kollege, der auch Zugang dazu hatte), der Verstoß während der Arbeitszeit geschah, welchen zeitlichen Umfang die private Internetnutzung hatte (ein kurzer Blick auf wetter.de ist in der Regel kein wesentlicher Verstoß) und gegebenenfalls welchen Inhalt die aufgerufenen Seiten hatten.

Neben einer Abmahnung und einer Kündigung kann der Arbeitgeber aber auch die Entgeltzahlung für die Zeiten des privaten Internetsurfens verweigern und das Gehalt kürzen: Wer privat im Internet surft, hat für diese Zeit keinen Anspruch auf Bezahlung.

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