Vergütung von Reisezeiten

Am 03. Juni 2019, von Michael Eckert

BAG, Urteil vom 17. Oktober 2018 – Az: 5 AZR 553/17

Die jüngst ergangene Entscheidung des BAG ist in der „Allgemeinen Presse“ stark beachtet, aber teilweise falsch kommentiert worden.

Worum geht es im vorliegenden Fall:

Kläger war ein Arbeitnehmer, der vom Arbeitgeber, einem Bauunternehmen, als technischer Mitarbeiter ins Ausland entsandt worden war, und zwar für einen Zeitraum von ca. zweieinhalb Monaten. Nach dem Arbeitsvertrag war der Arbeitnehmer verpflichtet, auf wechselnden Baustellen im In- und Ausland zu arbeiten. Die streitige Reise sollte nach China gehen.

Der Arbeitgeber wollte ursprünglich einen durchgehenden Flug in der Economy-Klasse buchen. Dies hätte etwa, wenn man übliche Flugzeiten ab Frankfurt nach Peking unterstellt, ca. 9,5 Stunden (nonstop, nur Hinflug) gedauert.

Der Arbeitnehmer hatte allerdings den Wunsch, statt des Direktfluges einen Umweg über Dubai zu nehmen. Dadurch dauerte der Flug (Hin- und Rückflug) insgesamt vier Tage. Der Arbeitgeber hat die regelmäßige Arbeitszeit, die an diesen vier Tagen angefallen wäre, nämlich jeweils acht Stunden, regulär vergütet. Der Arbeitnehmer vertrat die Auffassung, er habe Anspruch auf eine Vergütung für die gesamte Reisezeit, nämlich ab Verlassen der eigenen Wohnung bis zur Auskunft am Arbeitsplatz in China. Zusätzlich zu den bereits vergüteten (4 x 8=) 32 Stunden wollte er noch zusätzliche Vergütung für 37,0 Stunden haben.

Die Vorinstanzen hatten unterschiedlich entschieden. Das Bundesarbeitsgericht hat den Rechtstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurück verwiesen.

Grundsätzlich hat das Bundesarbeitsgericht anerkannt, dass Reisezeiten vom Arbeitgeber zu vergüten sind. Entsendet, so das BAG, der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer vorübergehend ins Ausland, erfolgen Hin- und Rückreise im Allgeneinen ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers und sind deshalb in der Regel wie Arbeit zu vergüten.

Allerdings ist nur die tatsächlich erforderliche, d.h. notwendige Reisezeit zu vergüten. Dies wäre also die Zeit eines Direktfluges zuzüglich möglicherweise An- und Abreise zum Flughafen gewesen. Denkbar ist hier, dass die bereits vergüteten vier Arbeitstage insoweit ausreichen.

Bucht der Arbeitgeber aber auf Wunsch des Arbeitnehmers einen Umweg, ist dieser Umweg nicht die „erforderliche“ Reisezeit, die zusätzliche Zeit muss daher vom Arbeitgeber nicht bezahlt werden.

Praxistipp:

Die grundsätzliche Entscheidung, dass bestimmte Reisezeiten wie Arbeitszeit zu vergüten sind, ist nicht neu. Sie gilt im Übrigen auch bei einem Einsatz beispielsweise auf inländischen Baustellen o.ä.

Nicht neu ist auch die Tatsache, dass natürlich nur die erforderliche Reisezeit zu vergüten ist.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Reisezeit hier unterschiedlich zu berücksichtigen ist. Einmal ist die Reisezeit zu ermitteln für die Frage der Vergütung. Dies war Gegenstand des hier geschilderten Rechtsstreits.

Davon unabhängig ist die Reisezeit zu erfassen, wenn es um das Thema „Arbeitssicherheit“ geht. Hier sieht das Arbeitszeitgesetz eine tägliche Höchstarbeitszeit von zehn Stunden vor. Bei Flügen, die länger als zehn Stunden dauern muss der Arbeitnehmer aber nicht nach zehn Stunden „aussteigen“. Vielmehr hat er ja auch Gelegenheit, auf dem Flug zu schlafen, privat zu lesen oder sich anderweitig zu erholen. Daher greift das Arbeitszeitgesetz hinsichtlich der Arbeitssicherheit für solche Flug-, Reise- und Arbeitszeiten nicht ein.

Im Sinne der Arbeitssicherheit ist Reisezeit nur dann Arbeitszeit, wenn der Arbeitnehmer verpflichtet (!) ist, beispielsweise selbst mit einem Pkw, Lkw, Lieferwagen o.ä. zu fahren, er also am Steuer sitzt. Das passive Mitfahren ist insoweit wieder nicht zu erfassen, gleichgültig ob im Flugzeug, der Bahn oder auf dem Beifahrersitz des Autos.

Der vorliegende Rechtsstreit zeigt aber wieder einmal, dass gerade die Reisezeit und ihre Berücksichtigung als Arbeitszeit in der Praxis erhebliche Probleme aufweisen. Dies gilt beispielsweise auch dann, wenn Nachtzeiten, Wochenend- oder Feiertagszeiten berührt werden.

Insoweit empfiehlt sich eine sorgfältige Prüfung im Voraus.

 

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