BAG, Urteil vom 14. Dezember 2017 – Az: 2 AZR 86/17

Im vorliegenden Fall hatte der Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen. Im Verlauf des vom Arbeitnehmer angestrengten Kündigungsschutzprozesses hat dann der Arbeitgeber den Kündigungsschutzantrag des Arbeitnehmers anerkannt, d.h. erklärt, er werde aus der Kündigung keine Rechte mehr herleiten und das Arbeitsverhältnis solle fortgesetzt werden. Damit hätte der Arbeitnehmer eigentlich den Rechtsstreit „gewonnen“. Mit diesem Ergebnis war er aber ganz und gar nicht einverstanden, weshalb er nun seinerseits den Antrag gestellt hat, das Arbeitsverhältnis gemäß § 9 KSchG aufzuheben. Nach dieser Vorschrift kann das Arbeitsgericht auf Antrag einer der Parteien das Arbeitsverhältnis durch Richterspruch beenden, wenn der antragstellenden Partei eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unabhängig von Kündigungsgründen nicht zugemutet werden kann. Solche Fälle sind recht selten.

Der Arbeitnehmer hat dann, nach Stellung des Auflösungsantrages, noch bis zum Ablauf der ursprünglich vom Arbeitgeber gesetzten ordentlichen Kündigungsfrist weiter gearbeitet und sodann seine Tätigkeit eingestellt. Dies wiederum hat der Arbeitgeber zum Anlass genommen, zunächst zwei Abmahnungen wegen Arbeitsverweigerung auszusprechen und dann das Arbeitsverhältnis wiederum seinerseits, nunmehr außerordentlich und fristlos, wegen Arbeitsverweigerung zu kündigen. Der Arbeitnehmer hat hiergegen Kündigungsschutzklage erhoben.

Der auf den ersten Blick etwas kompliziert klingende Sachverhalt ist eigentlich ganz einfach: Der Arbeitnehmer wollte zwar ausscheiden, aber nur gegen Zahlung einer Abfindung, die er wohl im Verhandlungswege nicht durchsetzen konnte.

Das Arbeitsgericht hat zunächst den Aufhebungsantrag des Arbeitnehmers zurückgewiesen: Allein die Tatsache, dass der Arbeitgeber eine Kündigung ausgesprochen und diese wieder „zurückgenommen“ hat, rechtfertigt keinen Auflösungsantrag.

Daneben hat das Gericht auch letztinstanzlich die Kündigungsschutzklage gegen die fristlose Kündigung zurückgewiesen.

Ein Arbeitnehmer, der trotz zweier Abmahnungen und laufendem Arbeitsverhältnis nicht zur Arbeit erscheint, verstößt in erheblicher Weise gegen arbeitsvertragliche Pflichten. Dem Arbeitgeber ist in diesem Fall regelmäßig eine weitere Zusammenarbeit auch bis zum nächsten ordentlichen Beendigungstermin nicht zuzumuten. Nachhaltige Arbeitsverweigerung stellt in der Regel einen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar. Der Arbeitnehmer war durch die Abmahnungen ausreichend gewarnt und auch eine Abwägung aller wechselseitigen Interessen führte nicht zu einem anderen Ergebnis.

Zuletzt hatte der Arbeitnehmer noch argumentiert, er sei nach Stellung des Auflösungsantrages berechtigt gewesen, dem Arbeitsplatz fern zu bleiben. Eine rechtliche Begründung hierfür gibt es jedoch nicht. Auch der Hinweis des Arbeitnehmers, sein eigener Anwalt habe ihn insoweit – falsch – beraten, war kein ausreichendes Argument gegenüber der wirksamen fristlosen Kündigung.

Praxishinweis:

Kündigungsschutzverfahren sind oft auch taktisch zu führende Verfahren. Hier hat sich der Arbeitnehmer schlicht „verkalkuliert“ da er einerseits nicht mehr weiter arbeiten und eine Abfindung erhalten wollte, andererseits aber auch nicht bereit war, die Rechtsfolgen seines Handelns zu tragen oder zuvor abzuwägen.

Die vorliegende Entscheidung ist zu begrüßen, nachdem das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vor einigen Jahren einmal die Meinung vertreten hatte, nach Stellung (!) eines Auflösungsantrages könne der Arbeitnehmer der Arbeit fernbleiben, ohne sich dem Vorwurf einer beharrlichen Arbeitsverweigerung auszusetzen (LAG Rheinland-Pfalz, 07. April 2005, 4 Sa 955/04).

 

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