BAG, Urteil vom 19. Oktober 2017 – Az: 8 AZR 845/15

In der Praxis kommt es häufiger zu folgenden Fallkonstellationen: Ein Arbeitgeber entschließt sich, seinen Betrieb zu schließen und kündigt den Arbeitnehmern unter Berücksichtigung der jeweiligen Kündigungsfrist zum beabsichtigten Schließungstag. In Betrieben, in denen das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet hat das BAG in verschiedenen Fällen einen Wiedereinstellungsanspruch dann bejaht, wenn ein Arbeitnehmer im Vertrauen auf die Betriebsschließung keine Kündigungsschutzklage erhoben hatte, sich dann allerdings herausstellt, dass entgegen der ursprünglichen Erwartungen keine Schließung erfolgt, sondern ein Betriebsübergang und der Arbeitsplatz daher nicht entfällt.

Ähnlich war die Situation im vorliegenden Fall: Hier hatte der Inhaber einer Apotheke eine Kündigung zum 30. Juni ausgesprochen mit der Begründung, er werde die Apotheke schließen. Beschäftigt waren dort mit dem Kläger des vorliegenden Verfahrens insgesamt fünf Arbeitnehmer, so dass es sich um einen Kleinbetrieb gehandelt hat, auf den das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet.

Anders als ursprünglich geplant kam es nicht zur Schließung der Apotheke, sondern zur Übernahme durch einen anderen Betreiber. Nun erhob der Arbeitnehmer Klage und zwar gegenüber dem ehemaligen Inhaber und gegenüber dem neuen Inhaber. Das Arbeitsgericht hatte in erster Instanz die Klage gegen beide Arbeitgeber abgewiesen. Im Berufungs- und Revisionsverfahren hat der Arbeitnehmer nur die Klage gegenüber dem neuen Arbeitgeber weiter geführt, was sich als Fehler herausgestellt hat.

Das BAG hat zunächst darauf hingewiesen, dass ein Wiedereinstellungsanspruch, wie er unter Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes schon bejaht worden ist, in Kleinbetrieben nicht gilt. Dies ist zunächst ein sehr wichtiger Grundsatz, der hier klargestellt worden ist.

Daneben hat das BAG noch darauf hingewiesen, dass auch in Kleinbetrieben ohne Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes manchmal zu prüfen ist, ob der Arbeitgeber bei Ausspruch einer Kündigung ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme hat vermissen lassen. Dies sind beispielsweise Fälle, in denen ein langjährig Beschäftigter im fortgesetzten Alter mit erheblichen Unterhaltsverpflichtungen gekündigt wird, während ein gerade erst eingestellter lediger junger Mitarbeiter weiter arbeiten soll. Das BAG sah sich aber nicht in der Lage, die Anwendbarkeit dieser Grundsätze zu überprüfen, da sie nur gegenüber dem ehemaligen Arbeitgeber und nicht gegenüber dem neuen Arbeitgeber eine Rolle gespielt hätten. Das Verfahren gegenüber dem ehemaligen Arbeitgeber hatte der Arbeitnehmer aber nach Verlust der ersten Instanz nicht weiter verfolgt und das Urteil des Arbeitsgerichts insoweit rechtskräftig werden lassen.

 

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