Rufbereitschaft ist keine Arbeitszeit

Am 03. September 2018, von Michael Eckert

EuGH, Urteil vom 21. Februar 2018, Az: C-518/15

Rechtsfragen rund um das Thema Arbeitszeit beschäftigen seit vielen Jahren die Gerichte. Dabei ist grundsätzlich zu unterscheiden zwischen der vergütungsrechtlichen Fragestellung dahingehend, welche Zeiten zu vergüten sind. Davon unabhängig ist die Frage, welche Zeiten mit Blick auf Arbeitssicherheit und das Arbeitszeitgesetz in Deutschland insoweit als Arbeitszeit gelten.

Relevant wird diese Frage unter anderem bei der in der Praxis häufig vorkommenden Rufbereitschaft.

Bereits abschließend entschieden ist, dass Bereitschaftszeiten, die am Arbeitsplatz oder in dessen unmittelbarer Nähe zu verbringen sind, als Arbeitszeit anzusehen sind. Dies ist beispielsweise die Bereitschaftszeit, die der Arzt im Nachtdienst im Arztzimmer verbringt, wo er jeden Moment zu einem Einsatz, einer Operation oder einer Behandlung abrufbar sein muss.

Streitig sind dagegen Sachverhalte, bei denen die Arbeitnehmer die Möglichkeit haben, die Bereitschaftszeit zu Hause oder jedenfalls außerhalb des unmittelbaren Einflussbereiches des Arbeitgebers zu verbringen.

Im vorliegenden Fall geht es um Bereitschaftszeiten von Feuerwehrleuten, die eine „Bereitschaftszeit zu Hause“ haben und hierfür eine pauschale Entschädigung erhalten. Im Rahmen dieser Bereitschaftszeit sind die Feuerwehrleute verpflichtet, ihr Leben so zu gestalten, dass sie von ihrem jeweiligen Aufenthaltsort aus in höchstens acht Minuten in der Feuerwache sein können.

Der EuGH hat im vorliegenden Fall entschieden, dass es sich bei der konkreten Bereitschaftszeit der Feuerwehrleute um Arbeitszeit im Sinne der Arbeitszeitrichtlinie handele. Zwar seien die Mitarbeiter nicht verpflichtet, sich am Arbeitsplatz aufzuhalten. Allerdings sei die Verpflichtung, innerhalb von acht Minuten am Arbeitsplatz zu erscheinen, eine Aufenthaltspflicht am Arbeitsort gleichzusetzen. Angesichts dieser Einschränkung sei es für Arbeitnehmer praktisch gleichgültig, ob sie die Bereitschaftszeit am Arbeitsplatz oder anderswo verbringen müssten. Durch eine Nichterfassung als Arbeitszeit sei der Zeitraum von acht Minuten zu kurz.

Das Bundesarbeitsgericht hat sogar einmal in einer Entscheidung aus dem Jahr 2002 (6 AZR 214/00) festgehalten, dass die Verpflichtung, innerhalb von 20 Minuten am Arbeitsplatz zu erscheinen, dazu führe, dass vorliegend Arbeitszeit anzunehmen sei. In einem anderen Fall sollte Arbeitszeit allerdings nicht zu bejahen sein, da die Zeitvorgabe bei 45 Minuten lag. Die Grenze dürfte hier möglicherweise bei etwa 30 Minuten liegen.

Insoweit deckt sich die Entscheidung des EuGH mit der nationalen Rechtsprechung in Deutschland.

 

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