Religionszugehörigkeit als Einstellungshindernis?

Am 09. Juli 2018, von Michael Eckert

EuGH, Rechtssache C-414/16, Entscheidung vom 17. April 2018

Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg hatte einen Fall zu entscheiden, in dem das evangelische Werk für Diakonie und Entwicklung eine Stelle für eine befristete Referententätigkeit für das Projekt „Parallelberichterstattung zur UN-Anti-Rassismus-Konvention“. Bewerbern wurde mitgeteilt, dass die Zugehörigkeit zur protestantischen Kirche Einstellungsvoraussetzung für diese Position sei. Bewerber sollten daher bereits in ihrem Lebenslauf auf die Religionszugehörigkeit hinweisen.

Eine konfessionslose Bewerberin wurde erst gar nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen und dann auch nicht eingestellt. Sie hat nunmehr wegen einer von ihr angenommenen Diskriminierung eine Entschädigung in Höhe von € 10.000,00 gefordert.

Die Instanzentscheidungen in Deutschland waren unterschiedlich. Das Bundesarbeitsgericht hatte den Fall mit der Bitte um Hinweise zum EU-Diskriminierungsrecht dem EuGH im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens vorgelegt.

Auch die bewusste Konfessionslosigkeit zählt zur Religionsfreiheit und ist durch das EU-Antidiskriminierungsrecht geschützt. Der EuGH hat nunmehr eine Entscheidung getroffen, die weitgehend auf der bisherigen Rechtsprechung deutscher Arbeitsgerichte liegt. Demnach ist nämlich bei der Einstellung eine Abwägung zwischen zwei Interessen durchzuführen: Einerseits dem Interesse des Arbeitgebers an einer Beschäftigung von Angehörigen der eigenen Religion, um religiöse Inhalte transportieren und vermitteln zu können. Andererseits muss aber auch das Interesse der Beschäftigten oder potentiellen Beschäftigten berücksichtigt werden, die die Stelle antreten möchten und nicht wegen einer falschen oder nicht bestehenden Religionszugehörigkeit von vorne herein ausgeschlossen werden sollen.

Eine solche Abwägungsentscheidung müsse für den Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung für einen Richter auch nachvollziehbar und überprüfbar sein, das heißt auch entsprechend dokumentiert werden.

Ein Ausschluss von einer Stelle durch Regelungen, die mit der Religion oder Weltanschauung zusammenhängen, sei nur zulässig, wenn diese Bedingungen, also eine Religionszugehörigkeit, eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung stellen, insbesondere angesichts des Ethos der jeweiligen Religionsgemeinschaft.

Eine solche Abwägungsentscheidung sehen auch Entscheidungen deutscher Gerichte in den vergangenen Jahren vor. Hier wird noch etwas näher differenziert dahingehend, dass die Frage der Religionszugehörigkeit oder auch ein Leben nach kirchlichen Regeln umso eher gefordert werden kann, umso mehr die Tätigkeit dem sogenannten Verkündungsbereich zuzurechnen ist. Offenkundig dürfte dies sein im Falle eines Pfarrers, Pastors, Rabbi oder Imam. Je weiter sich die Aufgaben, die mit der ausgeschriebenen Stelle verbunden sind, von diesem Verkündungsbereich, also dem Weitergabeauftrag der Religionslehre, entfernt, desto weniger spielt die eigene Religionszugehörigkeit von Angestellten eine Rolle.

Recht offenkundig zu Gunsten des kirchlichen Arbeitgebers dürfte die Entscheidung daher beispielsweise bei Lehrern, Kindergärtnern etc. ausfallen, während bei beispielsweise rein technischen Aufgaben die Religionszugehörigkeit in der Regel keine Rolle spielen dürfte.

Eine Entscheidung in dem dem EuGH vorliegenden Fall selbst ist dort nicht getroffen worden. Vielmehr ist der Fall an die deutsche Arbeitsgerichtsbarkeit zurückgegeben worden mit dem Auftrag, dort eine Abwägung durchzuführen und bei der Entscheidung die Interessen beider Parteien angemessen zu berücksichtigen. Leichter wird es dadurch nun wahrscheinlich nicht werden.

 

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