BAG, Urteil vom 16. Januar 2018, Az: 7 AZR 312/16

Der Abschluss von befristeten Verträgen ist allgemein und insbesondere auch im Arbeitsrecht stets problematisch, da damit u.a. ein Kündigungsschutz ausgehebelt wird. Befristete Arbeitsverträge werden im Teilzeit- und Befristungsgesetz sehr formal und nur unter sehr engen Voraussetzungen zugelassen.

Auch der Vertrag zwischen einem Lizenzspieler und seinem Bundesliga-Verein ist ein Arbeitsvertrag. Dies hat das BAG in der aktuellen Entscheidung nochmals betont.

Der Kläger war bei dem beklagten Verein seit 01. Juli 2009 als Torwart (Lizenzspieler in der ersten Bundesliga) beschäftigt. Der aktuelle Arbeitsvertrag datierte aus dem Jahr 2012, und sah eine Befristung bis zum 30. Juni 2014 vor. Beide Parteien hatten eine Option, den Vertrag bis zum 30. Juni 2015 zu verlängern. Voraussetzung für die Ausübung der Option war, dass der Kläger in der Saison 2013/2014 in mindestens 23 Bundesligaspielen eingesetzt wird.

Der Kläger sollte nach den Vereinbarungen eine Punkt-Einsatz-Prämie und eine Erfolgs-Punkt-Einsatz-Prämie für Ligerspiele erhalten, in denen er von Beginn an oder mindestens 45 Minuten eingesetzt wird.

Der Kläger absolvierte in der Saison 2013/2014 neun der ersten zehn Bundesligaspiele. Am 11. Spieltag wurde er in der Halbzeit verletzt ausgewechselt und in den verbleibenden Spielen der Hinrunde verletzungsbedingt nicht mehr eingesetzt. Nach Beendigung der Hinrunde wurde der Kläger nicht mehr zu Bundesliga-Spielen herangezogen, sondern der zweiten Mannschaft zugewiesen.

Der Kläger hatte nun beim Arbeitsgericht die Feststellung begehrt, dass sein Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der vereinbarten Befristung am 30. Juni 2014 geendet habe, sondern fortbestehe. Hilfsweise hatte er den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses aufgrund der von ihm zuvor ausgeübten Verlängerungsoption bis zum 30. Juni 2015 geltend gemacht.

Darüber hinaus ging es noch um Prämien in Höhe von über € 260.000,00.

Die erste und zweite Instanz hatten noch unterschiedliche Entscheidungen zur Befristung gefällt, den Zahlungsantrag aber durchgehend abgewiesen. Auch vor dem Bundesarbeitsgericht hatte der Torwart keinen Erfolg.

Zunächst hat das BAG festgestellt, dass die Befristung des Arbeitsvertrages wirksam war. Dabei hat sich das Gericht auf § 14 Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG gestützt. Danach ist eine Befristung ausnahmsweise auch dann zulässig, wenn dies der Eigenart der Arbeitsleistung entspricht. Häufig kommt diese Regelung bei Saison-Arbeitsverträgen in Betracht, da etwa ein Freibad nicht im Winter und ein Skilift nicht im Sommer betrieben wird.

Das BAG geht aber davon aus, dass im kommerzialisierten und öffentlichkeitsgeprägten Spitzen-Fußballsport von Lizenzspielern zum einen ein Zusammenspiel mit der jeweiligen Mannschaft und zum anderen sportliche Höchstleistungen erwartet werden, die ein Spieler – so die Richter des BAG – nur für eine begrenzte Zeit erbringen könne. Dies sei eine Besonderheit, die in aller Regel ein berechtigtes Interesse an der Befristung des Arbeitsverhältnisses begründe.

Auch die vom Kläger geltend gemachte Ausübung der Verlängerungsoption habe nicht zu einer Verlängerung des befristeten Vertrages geführt. Der Kläger sei nur in der Hinrunde der Saison 2013/2014 eingesetzt worden, so dass die Voraussetzungen der vertraglichen Option nicht erfüllt seien. Das Gleiche gelte auch für den Prämienanspruch.

Schließlich habe der Verein auch die Erfüllung der Voraussetzungen, nämlich einen weitergehender Einsatz, nicht treuwidrig verhindert. Die Klage wurde daher insgesamt abgewiesen.

Anmerkung:

Gerade im Spitzen-Fußball kommen manchmal – aus Sicht eines Arbeitsrechtlers – merkwürdige Verträge zustande. Teilweise wird hier sogar die Anwendung von Arbeitsrecht bestritten. Bedauerlicherweise werden solche Verträge überwiegend von Vereinsfunktionären und „Spielerberatern“ ausgehandelt, ohne dass Arbeitsrechtler gefragt werden.

Sicher gibt es im Spitzen-Fußballsport auch bestimmte Besonderheiten, die sich von einem landläufigen Arbeitsverhältnis unterscheiden und eine gesonderte Behandlung erfordern. Dies gilt nicht nur mit Blick auf die in der 1. Fußball-Bundesliga gezahlte Vergütung.

Die vorliegende Entscheidung kann aber im Ergebnis und in der Begründung nicht überzeugen.

Richtig ist sicherlich, dass ein Spieler in der 1. Bundesliga sportliche Höchstleistungen schuldet (auch wenn manchmal sicherlich Zweifel angezeigt sind, ob diese auch tatsächlich erbracht werden). Dies kann grundsätzlich auch eine Befristung rechtfertigen, wenn man davon ausgeht, dass ein Mensch nicht durchgehend über lange Zeit sportliche Höchstleistungen erbringen kann. Eine insoweit begründete Vertragsbefristung ist aber aus meiner Sicht nur dann vertretbar, wenn die Befristung der Zeit entspricht, in der man durchgehend sportliche Höchstleistungen erbringen kann und erwarten darf. Dies hätte jedenfalls vorliegend nicht zu einer Befristung zum 30. Juni 2014 führen dürfen:

Zum einen handelte es sich hier nicht um einen Feldspieler, sondern um einen Torwart. Zum anderen wurde nicht geprüft, wie lange üblicherweise in der 1. Bundesliga sportliche Höchstleistungen erbracht werden können und somit auch erwartet werden dürfen. Dies ist nicht auf eine bestimmte Vertragsdauer beschränkt, sondern möglicherweise altersabhängig, wobei sich auch insoweit keine einheitliche Altersgrenze festlegen lässt.

Das Argument, niemand sei in der Lage, sportliche Höchstleistungen auf Dauer zu erbringen, kann vorliegend auch deshalb nicht überzeugen, da sich ja in der Regel ein befristeter Vertrag an den nächsten anschließt, sei es beim gleichen oder einem anderen Verein.

Auch das geforderte Zusammenspiel mit der Mannschaft ist kein zwingendes Argument, um eine Befristung zuzulassen:

Dieses Zusammenspiel mit einer „Mannschaft“ wird sicherlich nicht nur auf dem Fußballfeld erwartet, sondern in jedem Betrieb. Auch bei Arbeitnehmern, die in einer Fabrik, Werkstatt, Büro o.ä. tätig sind, muss ein gutes Zusammenspiel mit der Mannschaft/dem Team gegeben sein, um insgesamt für den Betrieb gute Ergebnisse zu erzielen. Wenn ein schlechtes Zusammenspiel in einer Fußballmannschaft für das BAG schon ausreicht, um eine Befristung zu rechtfertigen, müsste dieses Argument doch ebenso für die Befristung in einem „normalen“ Arbeitsverhältnis gelten und eine Befristung erlauben.

Schließlich überzeugt auch die begrenzte Einsetzbarkeit mit sportlichen Höchstleistungen letztlich nicht, um eine Befristung zu begründen. In vielen Unternehmen werden ebenfalls in unterschiedlichen Bereichen körperliche Höchstleistungen erbracht, was keinesfalls, nach der bisherigen Rechtsprechung des BAG, einen Anlass für eine Befristung sein kann. Dies würde insgesamt auch ein sehr merkwürdiges Bild ergeben.

Ebenfalls nicht nachvollziehbar ist die Argumentation des BAG im Zusammenhang mit der geltend gemachten Prämie. Wird ein eigentlich für die erste Mannschaft eingestellter Spieler in die zweite Mannschaft versetzt, ohne dass dies verletzungsbedingte Gründe hat, kann hier schon von einer Vereitelung einer Leistungsprämie gesprochen werden, die nur in der ersten Mannschaft verdient werden kann.

Das Urteil hinterlässt jedenfalls einen arbeitsrechtlich „unangenehmen“ Nachgeschmack.

 

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