Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot/Entschädigung

Am 01. Januar 2018, von Michael Eckert

BAG, Urteil vom 26. Januar 2017 – Az: 8 AZR 73/16

Im vergangenen Jahr hat das BAG in verschiedenen Entscheidungen Stellung zu der Frage genommen, ob Arbeitnehmer bei einer Diskriminierung, d.h. einem Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) eine Entschädigung verlangen können und wie hoch diese jeweils ist.

Grundlegend war dabei das Urteil vom 11. August 2016. Hier geht es zwar nicht um die Höhe von Entschädigungen, aber um die Frage, ob auch dann grundsätzlich ein Entschädigungsanspruch besteht, wenn der Kläger/Antragsteller die Stelle gar nicht wirklich haben wollte. In der Praxis spricht man hier von sog. AGG-Hoppern.

Besonders schwer ist natürlich immer der Nachweis eines solchen Verhaltens. Teilweise ist auch diskutiert worden, dass es völlig gleichgültig sei, ob ein Arbeitnehmer die Stelle tatsächlich haben will oder ob er sich nun bewirbt, um Entschädigungsansprüche geltend machen zu können. In beiden Fällen verstoße ja der Arbeitgeber, so wird argumentiert, gegen gesetzliche Regeln und müsse dafür „bestraft“ werden.

Dem hat das Gericht in der Entscheidung vom 11. August 2016 widersprochen und erklärt,
ein Anspruch bestehe dann nicht, d.h. dieser scheitere am Einwand des Rechtsmissbrauchs, wenn die Bewerbung gar nicht erfolgt, um die Stelle zu erhalten, sondern es dem Bewerber nur darum ging, den formalen Status eines Bewerbers zu erhalten, und zwar mit dem ausschließlichen Ziel, dann eine Entschädigung geltend zu machen.

Dies bedeutet aber noch keine Beweislastumkehr:

Der Arbeitgeber muss immer noch darlegen und beweisen, dass der Arbeitnehmer sich nicht tatsächlich für die Stelle interessiert hat.

Mit Urteil vom 19. Mai 2016 (8 AZR 470/14) hat das BAG festgestellt, dass eine Formulierung in einer Anzeige „mit 0 bis 2 Jahren Berufserfahrung“ eine Benachteiligung wegen des Merkmals Alters darstellen könne. Diese Entscheidung halte ich für falsch. Sowohl ältere als auch jüngere Mitarbeiter können fehlende Berufserfahrung haben.

Mit der Entscheidung vom 19. Mai 2016 (8 AZR 470/14) hat sich das BAG erneut mit dem Faktor Alter beschäftigt, und zwar bei der Anzeigenformulierung „Berufserfahrung von 1 bis 3 Jahren“. Auch hier sieht das BAG – konsequent aber aus meiner Sicht nicht richtig – eine Altersdiskriminierung als gegeben an.

Das Gleiche gilt auch für die Formulierung „Berufsanfänger-/in“ oder „Kollege/in“ mit kürzerer Berufserfahrung (BAG, Urteil vom 19. Mai 2016, Az: 8 AZR 583/14).

Schon klassisch ist die Formulierung in Anzeigen, man suche ein Mitglied für einen „junges dynamisches Team“. Auch hier sieht das BAG – sicher zu Recht – das Diskriminierungsmerkmal Alter als verletzt an (BAG, Urteil vom 11. August 2016, Az: 8 AZR 406/14). Die Formulierung bewirke eine unmittelbare Diskriminierung des Alters, da der Begriff jung unmittelbar an das Lebensalter anknüpfe und die Verbindung mit „dynamisch“, den Bezug auf das Lebensalter verstärke, weil damit eine Eigenschaft beschrieben werde, die eher mit jüngeren als mit älteren Menschen assoziiert würde.

Die Begründung hält einer Überprüfung meines Erachtens in der Praxis nur teilweise stand. Richtig ist allerdings: Wer mit dem Begriff „jung“ wirbt, sucht auch junge Leute und dies ist nach dem AGG verboten.

Die Frage einer Dynamik jedoch mit dem Alter zu verbinden, dürfte nicht angemessen sein. Hier sind viele sehr dynamische ältere Arbeitnehmer bekannt, während junge Beschäftigte nicht selten eher als lethargisch zu bezeichnen sind.

Eine Altersdiskriminierung sieht das BAG im Urteil vom 15. Dezember 2016, Az: 8 AZR 454/15, auch in der Formulierung „gerade frisch gebacken aus einer kaufmännischen Ausbildung kommend“ stellt nach der Entscheidung des BAG vom 15. Dezember 2016, Az: 8 AZR 454/15, eine Altersdiskriminierung dar.

Keine Altersdiskriminierung ist es allerdings, wenn in einem Online-Bewerbungsformular darum gebeten wird, freiwillig das Geburtsjahr anzugeben. Gerade aus der Freiwilligkeit lasse sich keine Diskriminierungsabsicht schließen. Dies hat das BAG in einer Entscheidung vom 15. Dezember 2016
(Az: 8 AZR 418/15) entschieden.

Ähnliches gilt auch für die Frage nach den Kenntnissen der Deutschen Sprache. Insbesondere wenn diese für die Tätigkeit erforderlich ist, ist die Frage zulässig. Nicht zulässig wäre dagegen der Wunsch nach einem Muttersprachler, da dies auch an die ethnische Herkunft anknüpfen könnte. (BAG, Urteil vom 15. Dezember 2016, Az: 8 AZR 418/15).

Perfide wird es, wenn die vorformulierte Frage im Online-Bewerbungsformular nach der Anrede („Mann“ oder „Frau“) von Bewerbern schon als Indiz für eine geschlechterbezogene Benachteiligung angesehen wird. So sieht es auch das BAG. Hier werde ausdrücklich noch nach der Anrede gefragt. Anhaltspunkte für eine beabsichtigte Diskriminierung seien hieran nicht zu sehen. Es gäbe auch kein Indiz im Sinne des Gesetzes für eine geschlechterbezogene Benachteiligung von Frauen (BAG, Urteil vom 15. Dezember 2016, Az: 8 AZR 418/15).

 

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