Mobbing-Entschädigung ist steuerfrei

Am 06. November 2017, von Michael Eckert

Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. März 2017 – Az: 5 K 1594/14

Ein Einzelhandelsunternehmen hatte seiner Mitarbeiterin aus „personenbedingten Gründen“ gekündigt, wogegen diese Kündigungsschutzklage erhoben hatte. Gleichzeitig hat die Arbeitnehmerin Anspruch auf eine Entschädigung wegen Benachteiligung geltend gemacht. Sie vertrat die Auffassung, die Kündigung sei aufgrund Ihrer Behinderung (30%) ausgesprochen worden.

Die Parteien haben sich dann geeinigt. Anders als üblich hat die Arbeitnehmerin laut ausdrücklichem Hinweis im Vergleich, aber keine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes erhalten, sondern € 10.000,00 als „Entschädigung gemäß Antidiskriminierungsgesetz“. Gleichzeitig wurde das Arbeitsverhältnis dann beendet. Das Finanzamt hat die Auffassung vertreten, es handele sich bei dem vereinbarten Betrag um steuerpflichtigen Arbeitslohn. Auch dagegen hat die Frau geklagt. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat nunmehr bestätigt, dass es sich bei einer Entschädigung nach dem AGG nicht um Arbeitslohn und auch nicht um Schadensersatz für entstandene materielle Schäden handele. Dies würde sich bereits aus dem Vergleichswortlaut und dem Hinweis auf das Antidiskriminierungsgesetz ergeben. Vielmehr handele es sich vorliegend um einen Ausgleich für immaterielle Schäden wegen einer Diskriminierung der Frau als Behinderte. Eine solche Entschädigung sei steuerfrei.

Auch wenn der Arbeitgeber im arbeitsgerichtlichen Verfahren die Benachteiligung bestritten habe, ändere dies nichts am Ergebnis, da ja beide Parteien im Rahmen des Vergleichs ihre ursprüngliche Position aufgegeben und sich geeinigt haben. Im Ergebnis habe der Arbeitgeber die Entschädigung nur wegen der behaupteten Benachteiligung gezahlt und nicht wegen des Verlustes des Arbeitsplatzes.

Anmerkung:

Im „Blick ins Arbeitsrecht“ bespreche ich in der Regel arbeitsrechtliche Entscheidungen. Dieses Urteil betrifft aber das Arbeitsrecht und das Steuerrecht gleichermaßen.

Im vorliegenden Fall erscheint es relativ offensichtlich, dass die Parteien den vereinbarten Betrag nur deshalb als Entschädigung gemäß AGG bezeichnet haben, um ihn für die Arbeitnehmerin steuerfrei auszugestalten. Hätten die Parteien dagegen eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes vereinbart, wäre dieser – unter Berücksichtigung der sog. Fünftel-Regelung – steuerpflichtig gewesen. Die gleiche Vermutung hatte offensichtlich auch das Finanzamt und hatte daher zunächst die Steuerpflichtkeit festgestellt.

Es kommt in Kündigungsschutzprozessen häufig vor, dass Arbeitnehmervertreter eine Diskriminierung und damit einen Verstoß gegen das AGG nur deshalb behaupten, um dann Steuervorteile wie im vorliegenden Fall zu erzielen.

Arbeitgeber sind häufig bereit, diese „Gestaltung“ zu akzeptieren, da es letztlich von der finanziellen Belastung für den Arbeitgeber gleichgültig ist, ob er eine Abfindung oder eine AGG-Entschädigung zahlt.

Eine eventuelle Steuerlast trifft den Arbeitnehmer, Sozialversicherungsbeiträge fallen in beiden Fällen nicht an.

Trotzdem warne ich Arbeitgeber dringend davor, auf solche Angebote einzugehen.

Zum einen könnte hier ggf. dann, wenn für eine Diskriminierung keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich sind, auch von einer Beihilfe zur Steuerhinterziehung oder Steuerverkürzung ausgegangen werden. Zum anderen gibt der Arbeitgeber im vorliegenden Fall ja ausdrücklich zu, dass er diskriminiert hat, was dem Ruf dieses Arbeitgebers beim Arbeitsgericht möglicherweise nicht unbedingt förderlich ist. Der Arbeitgeber muss auch bedenken, dass möglicherweise andere Arbeitnehmer die Behauptung einer Diskriminierung erheben. Gibt es hier bereits einen Präzedenzfall, in dem der Arbeitgeber eine gesetzwidrige Diskriminierung ausdrücklich eingeräumt und sogar hierfür eine hohe Entschädigung akzeptiert hat, liegt der Verdacht nahe, dass möglicherweise der nächste oder übernächste Arbeitnehmer, der eine Diskriminierung behauptet, damit Recht haben könnte.

Das Einräumen einer Diskriminierung hat auch innerbetrieblich möglicherweise erhebliche Folgen, da dies den Betriebsrat und möglicherweise auch andere Arbeitnehmer auf den Plan rufen könnte, die bei einer eingeräumten Diskriminierung möglicherweise weitere Fälle vermuten.

Nicht immer ist also der einfachste Weg auch der Richtige!

Eine Abfindung, die zum Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes gedacht ist, sollte auch als solche bezeichnet werden.

 

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