Einnahmen von Crystal Meth durch Berufskraftfahrer

Am 13. November 2017, von Michael Eckert

BAG, Urteil vom 20. Oktober 2016– Az: 6 AZR 471/15

Im vorliegenden Fall hatte ein Arbeitnehmer, der als Berufskraftfahrer eingestellt war, in seiner Freizeit Crystal Meth konsumiert. Dies war bei einer Verkehrskontrolle während der Arbeitszeit festgestellt und der Führerschein beschlagnahmt worden. Dies hatte der Mitarbeiter seinem Arbeitgeber verschwiegen und war für diesen zunächst weiter gefahren. Erst bei einer späteren genauen Befragung des Arbeitnehmers räumte er den Führerscheinverlust ein.

Von Bedeutung war vorliegend, dass während der Arbeitszeit keine Drogen eingenommen worden waren und aufgrund der unklaren Beweislage auch davon auszugehen war, dass der Berufskraftfahrer während seiner Arbeitszeit nicht durch Drogen eingeschränkt, sondern in der Lage war, das Fahrzeug des Arbeitgebers zu fahren.

Das BAG hat daher die im privaten Bereich erfolgte Einnahme der Droge Crystal Meth nur als Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten angesehen. Der Arbeitnehmer habe in schwerwiegender Weise gegen seine arbeitsvertraglichen Nebenpflichten verstoßen, indem er Crystal Meth eingenommen hatte, auch wenn dies in der Freizeit geschah. Nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 der Fahrerlaubnisverordnung besteht bei Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des BtMG (mit Ausnahme von Cannabis) keine Eignung mehr zum Führen von Kfz. Dies gilt unabhängig von der Häufigkeit des Konsums, von der Höhe der Betäubungsmittelkonzentration, von einer Teilnahme am Straßenverkehr im berauschten Zustand oder vom Vorliegen konkreter Ausfallerscheinungen beim Betroffenen. Dem entsprechend ist die Entziehung der Fahrerlaubnis bereits dann gerechtfertigt, wenn der Führerscheininhaber mindestens einmal sog. „Harte Drogen“ konsumiert hat. Der Fahrerlaubnisbehörde ist dann kein Ermessen mehr eingeräumt worden.

Hierauf kann sich auch der Arbeitgeber stützen.

Da ein sog. Drogenwischtest bei der erfolgten Verkehrskontrolle positiv ausfiel, konnte der Arbeitgeber auch davon ausgehen, dass der Arbeitnehmer während der Arbeitszeit noch unter Drogeneinfluss stand, zwar unabhängig davon, ob seine Fahrtüchtigkeit insoweit beeinträchtigt war. Die Pflichtverletzung besteht, so dass BAG, schon in der Aufnahme der Arbeitstätigkeit trotz des vorangegangenen Drogenkonsums.

Offen gelassen hat das BAG, unter welchen Umständen ein Berufskraftfahrer bei einem länger zurückliegenden Drogenkonsum davon ausgehen darf, dass keine Auswirkungen mehr bestehen.

Das BAG hat in dieser Entscheidung auch die Frage angesprochen, ob der Arbeitnehmer möglicherweise an einer Drogensucht erkrankt war. Dies hätte dann nämlich zur Folge, dass er sein Verhalten (die Einnahme von Drogen) nicht hätte steuern können und damit hätte man ihm dieses Verhalten auch nicht im Rahmen einer verhaltensbedingten Kündigung vorwerfen können.

Bei einer Drogensucht ist davon auszugehen, dass die Drogeneinnahme suchtbedingt und nicht willensbedingt erfolgt, so dass insoweit eine Kündigung an den Grundsätzen der personenbedingten Kündigung und nicht an der einer verhaltensbedingten Kündigung zu messen ist.

Im vorliegenden Fall hatte aber der Arbeitnehmer gar nicht behauptet, im fraglichen Zeitraum drogensüchtig gewesen zu sein.

Wesentliche Bedeutung hatte für das Bundesarbeitsgericht auch die Frage der Zuverlässigkeit des Arbeitnehmers nach § 7 Absatz 2 der von der Berufsgenossenschaft für Transport- und Verkehrswirtschaft (BG Verkehr) als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung erlassenen Unfallverhütungsvorschrift darf der Arbeitgeber Arbeitnehmer, die erkennbar nicht in der Lage sind, eine Arbeit ohne Gefahr für sich oder andere auszuführen, mit dieser Arbeit nicht beschäftigen. Da dem Arbeitgeber bekannt war, dass der Arbeitnehmer harte Drogen konsumiert hatte, musste er davon ausgehen, dass ein weiterer Einsatz des Arbeitnehmers das Risiko weiterer Fahrten unter Drogeneinfluss in sich birgt. Für den Arbeitgeber bestanden daher auch unabsehbare Risiken hinsichtlich seiner eigenen Haftung und des Versicherungsschutzes (Haftpflichtversicherung mit Regressrisiko, gesetzliche Unfallversicherung, Kaskoversicherung etc.). Insoweit war die weitere Beschäftigung des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber nicht mehr zumutbar.

Im entschiedenen Fall kam hinzu, dass eine mögliche fehlende Einsatzmöglichkeit des Arbeitnehmers aufgrund vorangegangenen Drogenkonsum auch die Gefahr herauf beschwor, dass der Arbeitgeber den Transportauftrag (Just in Time-Lieferung an die Automobilindustrie) verlieren könnte. Auch dieses Risiko musste sich der Arbeitgeber nach Auffassung des BAG nicht aussetzen.

 

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