Private Mails können Kündigung rechtfertigen

Am 14. März 2016, von Michael Eckert

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte vom 12.01.2016, Az: 61496/08

Die private Nutzung der Arbeitgeber-IT führt immer wieder zu arbeitsrechtlichen Problemen. Nun hatte ein Arbeitnehmer sogar den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte angerufen, da er sich schlecht behandelt fühlte: Der Fall spielte in Rumänien: Der Arbeitgeber hatte dem Kläger gekündigt, da er während der Arbeitszeit ausgiebig Korrespondenz mit seiner Verlobten und seinem Bruder über die IT des Arbeitgebers geführt hatte. In der umfangreichen Korrespondenz ging es um alle Themen einschließlich Gesundheit, Sex etc.

Nachdem der Arbeitnehmer in den arbeitsrechtlichen Instanzen verloren hatte, war er vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gezogen. Dort hatte er argumentiert, er sei in seinem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens beeinträchtigt worden, als der Arbeitgeber gekündigt hatte. Dieser verwies darauf, dass er allen Mitarbeitern die private Nutzung von Computer, Fotokopierer, Telefon und Faxgeräten für persönliche Zwecke ausdrücklich verboten hatte. Daher habe er auch überprüfen dürfen, ob das Verbot eingehalten werde. Schließlich war der Kläger vorgewarnt, da der Arbeitgeber in einem ähnlichen Fall auch gegen einen Kollegen vorgegangen war.

Anmerkung:

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gab dem rumänischen Arbeitgeber recht und erklärte die Kündigung für wirksam. Diese Entscheidung deckt sich weitgehend mit der Deutschen Rechtsprechung zu diesem Thema.

Bereits im Jahr 2005 hatte das Bundesarbeitsgericht in einer Entscheidung (2 AZR 581/04) festgehalten, dass das zeitlich umfangreiche Betrachten von Pornoseiten und Pornofilmen im Internet während der Arbeitszeit eine Kündigung rechtfertigen. Dies soll auch dann gelten, wenn der Arbeitgeber grundsätzlich eine private Nutzung erlaubt oder zumindest nicht verbietet. Auch dann seien aber intensive „Surf-Trips“ verboten.

Damals kam man dem Mitarbeiter noch auf die Spur, da sich die Nutzungskosten für das Internet erheblich erhöht hatten. In Zeiten von Flatrates gibt es diese Erkenntnismöglichkeit nicht mehr.

In einem ähnlich gelagerten Fall hatte das niedersächsische Landesarbeitsgericht (12 Sa 875/09) die Kündigung eines Arbeitnehmers im öffentlichen Dienst als rechtmäßig angesehen. Trotz 30 Jahren Betriebszugehörigkeit war der Mitarbeiter gekündigt worden, da er vom Bürotelefon aus eine kostenpflichtige „Erotik-Hotline“ angerufen hatte. Darüber hinaus hatte er sich per Mail in mehreren Fällen an verschiedene Kontaktvermittler gewandt, um Kontakte herzustellen. Auf seinem betrieblichen PC fand sich eine umfangreiche Sammlung von Erotik- und Pornofotos.

Die Richter des Landesarbeitsgerichts in Hannover hatten sich damals sogar die Mühe gemacht auszurechnen, wie lange der Mitarbeiter sich auf diese Weise mit privaten Angelegenheiten befasst hatte. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass er nahezu die gesamte Arbeitszeit hierfür genutzt haben müsste und zumindest an bestimmten Tagen gar keine Zeit mehr für seine eigentlichen Aufgaben gehabt hatte.

Ein Verwertungsverbot für diese Korrespondenz gäbe es vor Gericht nicht. Wenn ein Arbeitgeber den Mitarbeitern private Mails am Arbeitsplatz erlaube und diese nicht sofort lösche, verletze der Arbeitgeber dann, wenn er die E-Mail-Korrespondenz überprüfe, nicht das Fernmeldegeheimnis. Dieses decke lediglich die Übertragung und den Empfang.

Tipp:

Arbeitgeber sollten in die Arbeitsverträge ihrer Mitarbeiter eine Regelung aufnehmen, wonach die private Nutzung von E-Mails, Internet und sonstigen Online-Diensten entweder vollständig verboten oder nur sehr eingeschränkt erlaubt wird. In jedem Fall sollte auch vereinbart werden, dass der Arbeitnehmer einer umfassenden Kontrolle des Arbeitgebers zustimmt. Diese Zustimmungserklärung sollte im Vertragstext besonders hervorgehoben werden.

Bei Einschränkungen des privaten Gebrauchs müssen klare Linien vorgegeben werden. Weit verbreitete Formulierungen, wonach eine private Nutzung „nur im üblichen Umfang“, „nur für kurze Nachrichten“, „nur während der Pausen“ o.ä. gestattet ist, erlauben kaum eine sinnvolle Überwachung.

Denkbar ist auch, dass zu diesem Thema eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen wird, sofern im Unternehmen ein Betriebsrat besteht.

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