BAG, Urteil vom 21. März 2012 – 5 AZR 651/10

Arbeitnehmer, die einen Dienstwagen nicht nur für dienstliche, sondern auch für private Zwecke nutzen dürfen, finden in ihren Arbeitsverträgen häufig Einschränkungen der Privatnutzung. Hier war bisher die Frage nicht geklärt, inwieweit diese Privatnutzung in vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsverträgen (Allgemeine Geschäftsbedingungen) überhaupt zulässig und wirksam sind. Hier hat das BAG nunmehr – im Interesse des Arbeitgebers – Klarheit geschaffen. Eine Arbeitnehmerin hatte einen Dienstwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt erhalten. Im Arbeitsvertrag fand sich eine Regelung, wonach der Arbeitgeber berechtigt war, die Überlassung des Fahrzeugs zu widerrufen, wenn dieser von der Arbeitnehmerin für dienstliche Zwecke nicht mehr benötigt wird, und insbesondere auch dann, wenn nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Arbeitgeber die Arbeitnehmerin von der Arbeitsleistung freistellt. Im vorliegenden Fall hatte dann die Arbeitnehmerin selbst zum 30. Juni 2009 gekündigt. Der Arbeitgeber stellte sie daraufhin von der Arbeit frei und forderte die sofortige Rückgabe des Dienstwagens. Die Arbeitnehmerin kam dieser Aufforderung nach, hat aber später Schadensersatz für die entgangene Nutzung verlangt. Das BAG hat die Klage im Ergebnis abgewiesen.

Zu prüfen war die Klausel nach Maßgabe des AGB-Rechts (§§ 305 bis 310 BGB). Insbesondere hat das BAG darauf abgestellt, ob die Klausel ausreichend klar abgegrenzt, verständlich und nicht widersprüchlich sei. Dies hat das Gericht vorliegend bejaht: der Arbeitnehmer finde im Vertrag eine klare Regelung und müsse im Fall der Freistellung mit dem Entzug der Privatnutzung rechnen. Der Entzug des Fahrzeug im Zusammenhang mit der Freistellung sei für den Arbeitnehmer auch zumutbar, da gleichzeitig auch die Verpflichtung zur Erbringung von Arbeitsleistung und damit der eigentliche Grund für die Überlassung des Fahrzeugs entfallen würden.

Es bedürfe, so dass BAG, auch keiner Ankündigungs-, Kündigungs- oder Auslauffrist, so dass eine sofortige Rückgabe verlangt werden könne. Für die von der Arbeitnehmerin vorgetragene anderslautende Meinung gäbe es keine Stütze im Gesetz.

Zwar handele es sich bei der Privatnutzung um einen finanziellen Aspekt und einen Teil der dem Arbeitnehmer gewährten Gesamtvergütung. Die private Nutzungsmöglichkeit liege aber unter 25% des Gesamtverdienstes, so dass keine wesentliche Einschränkung vorliege.

Allerdings müsse der Arbeitgeber bei der Entscheidung, ob er die Privatnutzung widerrufe, eine Interessenabwägung vornehmen. Dabei sei zu prüfen, welches Interesse der Arbeitgeber an der Rückgabe des Fahrzeuges habe, wenn er dies beispielsweise für einen Nachfolger benötige. Für den Arbeitnehmer sei zu berücksichtigen, ob dieser noch ein anderes Fahrzeug habe. Ein Widerruf der Privatnutzung im Verlauf eines Kalendermonats sei in der Regel ebenfalls unverhältnismäßig, da die private Nutzung immer für den gesamten Monat zu versteuern sei, auch wenn das Fahrzeug dem Arbeitnehmer nur wenige Tage zur Verfügung stehe. Bei der Abwägung sei daher auch das Interesse des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, den von ihm bereits versteuerten Vorteil auch real nutzen zu können.

In dem hier entschiedenen Fall stand dem Arbeitnehmer aufgrund einer vom Arbeitgeber nicht vorgenommenen Abwägung und wegen des überwiegenden Arbeitnehmerinteresses ein Schadensersatz für gut einen halben Monat entgangene Nutzung zu. Die Höhe des Schadensersatzanspruches hat das BAG mit monatlich 1% des Listenpreises des Kraftfahrzeuges im Zeitpunkt der Erstzulassung festgesetzt, was der steuerlichen Bewertung der Privatnutzung entspricht.

Praxistipp:

Die bestehenden Arbeitsvertragsmuster bzw. Muster von Kfz-Überlassungsvereinbarungen sollten daraufhin überprüft werden, ob sie dieser aktuellen BAG-Rechtsprechung noch genügen. Insbesondere sollte die vom BAG grundsätzlich geforderte Interessenabwägung in die Formulare aufgenommen werden.

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