BAG, Urteil vom 13. Oktober 2011, 8 AZR 455/10 u.
BAG, Urteil vom 10. November 2011, 8 AZR 546/10

Mit der vorliegenden Entscheidung setzt das Bundesarbeitsgericht die sogenannte „Klarenberg-Entscheidung“ des Europäischen Gerichtshofs vom 12. Februar 2009
(C-466/07) um.

Zugrunde lag folgender Sachverhalt: Ein Unternehmen war in verschiedenen Abteilungen, die hier relevante Abteilung in drei Gruppen, untergliedert. Das Unternehmen schloss mit seiner Muttergesellschaft einen Vertrag ab, wonach mehrere bisher von der deutschen Gesellschaft hergestellte Produktlinien nunmehr von der amerikanischen Muttergesellschaft hergestellt werden sollten. Im Rahmen dieses Vertrages übernahm die Muttergesellschaft auch einige Angestellte, die dort in bereits bestehende Strukturen eingegliedert wurden und die dort auch Aufgaben übernahmen, die nicht im Zusammenhang mit den erworbenen Produktlinien stehen. Die übernommenen Mitarbeiter stellten jedoch keine Gruppe und erst recht keine Abteilung des deutschen Unternehmens dar, sondern stammten aus verschiedenen Gruppen.

Der Abteilungsleiter, der nicht übernommen worden war, klagte auf Übernahme durch die Muttergesellschaft. Das BAG hat die Klage im Ergebnis abgewiesen.

Entscheidend sei, ob die vom Veräußerer übertragenen Betriebsmittel und Beschäftigten dort bereits eine für sich handlungsfähige Einheit dargestellt haben, die in der Lage war, eine sinnvolle wirtschaftliche Tätigkeit zu erbringen, ohne dabei andere wichtige Betriebsmittel oder andere Arbeitnehmer aus anderen Unternehmensabteilungen in Anspruch zu nehmen. Dazu reiche es nicht aus, wenn aus einer Einheit (Abteilung) einige Arbeitnehmer auf das neue Unternehmen übergehen würden, wenn diese bisher keine solche funktionsfähige Einheit beim Veräußerer gebildet haben.

Allein die Tatsache, dass die betroffenen übergegangenen Arbeitnehmer (neben vielen anderen) in einer Abteilung gearbeitet haben, reicht für einen Betriebsübergang nicht aus. Es fehlt hinsichtlich der übergegangenen Arbeitnehmer (und eventuell übergegangener Betriebsmittel) an einer funktionalen Verknüpfung schon beim Veräußerer in Form einer organisatorischen Selbständigkeit. Dies wäre z.B. der Fall, wenn eine ganze Gruppe oder Abteilung samt Maschinen verlagert worden wäre.

Ist eine solche organisatorische Selbständigkeit der übergegangenen Betriebsmittel/Arbeitnehmer beim Veräußerer vorhanden, schadet es nicht, wenn diese funktionale Zuordnung beim Erwerber teilweise aufgelöst wird, die Mitarbeiter also dort beispielsweise in eine bestehende Abteilung integriert werden. Fehlt es aber von vorneherein an einer organisatorischen Selbständigkeit der übertragenen Betriebsmittel/Arbeitnehmer bereits beim Veräußerer, kommt eine Betriebsübernahme und damit eine Anwendbarkeit des § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB von vorneherein nicht in Betracht.

In dem oben zitierten Sachverhalt war der Kläger Abteilungsleiter. Da aber nicht die gesamte Abteilung übergegangen ist, fehlt es am Übergang einer bereits beim Veräußerer bestehenden organisatorischen Einheit.

In dem zweiten oben zitierten Urteil hatte ein Arbeitnehmer geklagt, der im kaufmännischen Bereich eines Unternehmens tätig war. Das BAG hat auch in diesem Fall entschieden, dass bei Veräußerung eines Teils der bisherigen Unternehmenstätigkeit für den kaufmännischen Bereich des Unternehmens die dort beschäftigten Mitarbeiter dann kein Betriebsübergang vorliegt, wenn diese Mitarbeiter nicht dem übergegangenen Bereich allein zugeordnet waren, sondern insgesamt kaufmännische Aufgaben wahrgenommen hatten. Das BAG stellte fest, dass eine abgrenzbare organisatorische Einheit, die ausschließlich kaufmännische Aufgaben für den abgegebenen Bereich zum Gegenstand hatte, beim Veräußerer nicht existierte, weshalb auch die zweite Klage vom BAG abgewiesen wurde.

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