Personalgespräch während einer Arbeitsunfähigkeit

Am 29. Mai 2017, von Michael Eckert

BAG, Urteil vom 02. November 2016, Az: 10 AZR 596/15

Gegenstand der Klage war eine vom Arbeitnehmer angegriffene Abmahnung. Hierzu war es gekommen, da der Arbeitgeber den Arbeitnehmer während einer länger andauernden Arbeitsunfähigkeit zu einem Personalgespräch eingeladen hatte. Ziel des Personalgesprächs war es erklärtermaßen, die weiteren Beschäftigungsmöglichkeiten, auch mit Blick auf die Dauer der Arbeitsunfähigkeit, zu erörtern. Einer ersten entsprechenden Einladung hatte der Arbeitnehmer keine Folge geleistet. Auch zum zweiten anberaumten Termin kam der Arbeitnehmer nicht und berief sich allgemein auf die ärztlich bescheinigte Arbeitsunfähigkeit. Der Arbeitgeber bestand jedoch auf Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung, aus der sich ergeben soll, dass somit gesundheitliche Hinderungsgründe auch zur Teilnahme an einem Personalgesräch bestehen. Eine solche spezielle Bescheinigung hat der Arbeitnehmer nicht vorgelegt, was dann die Abmahnung zur Folge hatte.

Das BAG hat den Arbeitgeber verpflichtet, die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen.

Die Arbeitspflicht eines Arbeitnehmers umfasse zwar allgemein auch die Pflicht zur Teilnahme an einem vom Arbeitgeber angeordneten Personalgespräch, soweit dieses während der Arbeitszeit im Betrieb stattfindet.

Da aber während der Dauer einer Arbeitsunfähigkeit keine Arbeitspflicht bestehe, sei ein Arbeitnehmer grundsätzlich jedoch nicht verpflichtet, im Betrieb allein zur Durchführung eines Personalgesprächs zu erscheinen. Ebenso wenig bestehe eine Verpflichtung, andere mit der Hauptleistung (Arbeitsleistung) unmittelbar zusammenhängende Nebenpflichten zu erfüllen.

Im Wesentlichen scheiterte die Abmahnung aus Sicht des BAG an der Aufforderung an den Arbeitnehmer, zu dem Personalgespräch im Betrieb zu erscheinen. Der Arbeitgeber sei nämlich nicht generell gehindert, mit dem Arbeitnehmer in Kontakt zu treten und im (auch zeitlich) angemessenen Umfang Gespräche mit ihm über die weiteren Beschäftigungsmöglichkeiten zu führen. Dies könne die Dauer der Arbeitsunfähigkeit (Zukunftsprognose) aber auch eine Beschäftigung nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit beinhalten. Ein solches Gespräch könne aber auch beispielsweise telefonisch oder nach Absprache und bei Einverständnis des Arbeitnehmers in dessen Wohnung geführt werden.

Eine Verpflichtung, zu einem solchem Gespräch in den Betrieb zu kommen, kann nur dann denkbar sein, wenn dies aus vom Arbeitgeber darzulegenden Gründen unverzichtbar sei und der Arbeitnehmer hierzu auch gesundheitlich in der Lage sei. Im vorliegenden Fall hatte der Arbeitgeber aber insoweit nichts vorgetragen, so dass die Aufforderung, zu dem Gespräch im Betrieb zu erscheinen,  unrechtmäßig war. Sie durfte daher keine Abmahnung zur Folge haben.

 

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