BAG, Urteil vom 23. November 2016 – Az: 5 AZR 53/16

Gerade mit Wirkung zum 01. April 2017 ist das Arbeitnehmerüberlassungsrecht reformiert und verschärft worden. Die noch zum alten Recht ergangene Entscheidung hat aber nach wie vor Gültigkeit, da es in diesem Bereich nicht zu Änderungen gekommen ist.

Im vorliegenden Fall war im Arbeitsvertrag vereinbart worden, dass zur Abwendung des Anspruches auf gleichartige Bezahlung (des Leiharbeitnehmers verglichen mit den Stammarbeitnehmern des Entleihbetriebes) ein mit dem Christlichen Gewerkschaftsbund CGZP vereinbarter Tarifvertrag gelten soll. Noch heute finden sich teilweise solche Vertragsmuster, obgleich das Bundesarbeitsgericht schon im Jahr 2013 die fehlende Tariffähigkeit dieser Gewerkschaft festgestellt hatte. Damit entfalten die von dieser Gewerkschaft oder diesem Gewerkschaftsbund vereinbarten Tarifverträge keine Wirkung gerade als Tarifvertrag.

Da somit ein Tarifvertrag nicht gilt, ist der Grundsatz der gleichen Behandlung und gleichen Bezahlung (equal-pay) einzuhalten.

Hier hat der fünfte Senat nunmehr zu der Frage Stellung genommen, welche Auskunft der Entleiher über die vergleichbare Entlohnung der Stammbelegschaft schuldet.

Im konkreten Fall hatte der Entleiher erklärt, er beschäftige keine Mitarbeiter mit der Qualifikation und Aufgabe des Leiharbeitnehmers.

Damit hat aber die Auskunftsverpflichtung, die sich aus § 13 AÜG (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz) ergibt, nicht ihr Bewenden. Vielmehr muss der Entleiher Auskunft erteilen, wie er einen Stammarbeiter entlohnen würde, der die dem Leiharbeitnehmer zugewiesene Tätigkeit im Rahmen eines direkten Arbeitsverhältnisses erbringen würde. Hier zeigt sich, wie widersinnig teilweise die Regelungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes geworden sind. Wie soll der Entleiher die Frage nach der theoretischen Vergütung eines Stammmitarbeiters beantworten, wenn er noch nie Arbeitnehmer mit einer entsprechenden Qualifikation und Arbeitsaufgabe beschäftigt hat, das Angebot an entsprechenden Arbeitskräften auf dem Arbeitsmarkt ebenso wenig kennt, wie die hier geltenden Vergütungsstrukturen.

Richtig schwierig wird es dann, wenn der Leiharbeitnehmer die Auskunft anzweifelt und behauptet, hier würden ggf. höhere Vergütungen gezahlt werden, als sich aus der Auskunft ergibt.

Praxistipp:

Die vorgenannten Schwierigkeiten des Entleihers, hier eine angemessene Auskunft zu erteilen, führt in der Praxis dazu, dass Entleiher generell überhaupt keine Auskünfte mehr erteilen wollen. Dies können Sie nur dadurch erreichen, dass sie denjeweiligen Verleiher verpflichten, seine Mitarbeiter nach Tarif zu bezahlen. Denkbar ist hier sowohl die Mitgliedschaft des Verleihers in einem tarifschließenden Arbeitgeberverband, als auch die im Arbeitsvertrag vereinbarte Anwendung eines für Zeitarbeitunternehmen einschlägigen Tarifvertrages. Ist ein wirksamer Tarifvertrag vereinbart worden, entfällt sowohl die Auskunftverpflichtung des Entleihers als auch die Pflicht zu equal-pay auf Seiten des Verleihers.

Achtung:

Nach neuem Recht kann ein Tarifvertrag hinsichtlich des Arbeitsentgelts vom Gleichstellungsgrundsatz (equal-pay) grundsätzlich nur für die ersten neun Monate einer Überlassung abweichen. Eine längere Abweichung ist wiederum nur durch Tarifvertrag zulässig, wenn nach spätestens 15 Monaten einer Überlassung ein gleichwertiges Arbeitsentgelt mit der Einsatzbranche erreicht wird und nach einer Einarbeitungszeit von längstens sechs Wochen eine stufenweise Heranführung an dieses Arbeitsentgelt erfolgt.

Wie sich diese neue Regelung in der Praxis auswirken wird, ist derzeit noch streitig.

 

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