Verdachtskündigung einer Betriebsrätin

Am 17. April 2017, von Michael Eckert

LAG Hamm, Beschluss vom 30. August 2016 – Az: 7 TaBV 45/16

Grundsätzlich bedarf die Kündigung eines Betriebsratsmitglied der Zustimmung des Betriebsrats als Gremium. Wird diese Zustimmung auf Antrag des Arbeitgebers nicht erteilt, muss dieser die Frage der Zustimmung durch eine Entscheidung des zuständigen Arbeitsgerichts ersetzen lassen. Erst dann ist eine Kündigung zulässig.

Grundsätzlich ist auch gegenüber dem  Mitglied eines Betriebsrats eine Verdachtskündigung zulässig. Allerdings bestehen hier noch höhere Hürden als bei Arbeitnehmern, die nicht Mitglied dieses Mitbestimmungsorgans sind.

Das LAG Hamm hatte einen Fall zu prüfen, in dem einer Vorgesetzten in ihr innerbetriebliches Postfach eine Trauerkarte eingelegt wurde mit dem handschriftlichen Hinweis „für dich (bist die nächste)“. Der Verdacht fiel auf eine Arbeitnehmerin, die Mitglied des Betriebsrats war. Der Arbeitgeber hat beim Arbeitsgericht den Antrag gestellt, der beabsichtigten fristlosen außerordentlichen (Verdachts-) Kündigung zuzustimmen. Das Landesarbeitsgericht hat die Zustimmung verweigert. Aus Sicht der Richter fehlte es an der notwendigen „mehr als hohen Wahrscheinlichkeit“ für die Täterschaft. Klar war, dass dann, wenn die beschuldigte Betriebsrätin die Täterin gewesen wäre, eine fristlose außerordentliche Kündigung gerechtfertigt gewesen wäre. Die in der Karte enthaltene Bedrohung würde für eine solche Kündigung auch dann ausreichen, wenn die Arbeitnehmerin Mitglied des Betriebsrates ist. Ein solches Verhalten geht eindeutig zu weit.

In Frage stand aber die Täterschaft.

Der Arbeitgeber hatte, um die Kündigungsabsicht zu untermauern, ein Schriftgutachten für den handschriftlichen Zusatz auf der Karte anfertigen lassen. Der Gutachter kam zu dem Ergebnis, dass der handschriftliche Zusatz „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ von der beschuldigten Betriebsrätin stamme. Begründet wurde dies damit, dass drei von denkbaren acht „Übereinstimmungsgraden“ vorliegend zu bejahen wären. Ein höherer Übereinstimmungsgrad bzw. eine höhere Übereinstimmungswarscheinlichkeit hätte dazu geführt, dass der Gutachter mit „an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ oder zumindest „mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit“ eine Übereinstimmung bejaht hätte. Dies konnte jedoch nicht festgestellt werden.

Die tatsächlich festgestellte Übereinstimmung (drei von acht Übereinstimmungsgraden) und die Einordnung einer „hohen Wahrscheinlichkeit“ hat am LAG aber nicht ausgereicht.

Gerade bei Betriebsratsmitgliedern sei ein besonders hoher Kündigungsschutz zu gewährleisten. Dieser erlaube zwar auch eine Verdachtskündigung. Dann müsse aber mit mehr als hoher Wahrscheinlichkeit eine besondere Pflichtwidrigkeit nachgewiesen werden.

 

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