Kein Anwesenheitsrecht des Anwalts bei Einsicht in Personalakten

Am 21. November 2016, von Michael Eckert

BAG, Urteil vom 12. Juli 2016, Az: 9 AZR 791/14

Arbeitnehmer haben das Recht, in ihre Personalakte Einsicht zu nehmen. Zu dieser Einsicht dürfen sie auch ein Mitglied des Betriebsrates hinzuziehen (§ 83 Abs. 1 Satz 1 Satz 2 BetrVG). Dies hat jedoch einem Arbeitnehmer nicht genügt. Er hat bei seinem Arbeitgeber Antrag auf Einsicht in die Personalakte gestellt und mitgeteilt, er werde bei der Einsichtnahme durch seinen Rechtsanwalt begleitet. Zuvor hatte er eine Ermahnung erhalten, was wohl Anlass für die gewünschte Akteneinsicht war.

Auch auf Nachfrage hat der Arbeitgeber sich unter Berufung auf sein Hausrecht nicht bereit erklärt, dem den Arbeitnehmer begleitenden Rechtsanwalt Zutritt zu den Geschäftsräumen einzuräumen und ihm eine Begleitung bei der Akteneinsicht zu gestatten. Allerdings durfte der Arbeitnehmer sich Kopien von der Personalakte anfertigen.

Der Arbeitnehmer hat daraufhin gegen den Arbeitgeber geklagt und beantragt, ihm Einblick in die Personalakte in Begleitung seines Rechtsanwaltes zu gewähren.

Das BAG hat dieses Ansinnen nun in dritter Instanz zurückgewiesen. Die Frage, ob die Hinzuziehungsmöglichkeit eines Betriebsratsmitglieds abschließend mit der Folge zu werten ist, dass eine Zuziehung weiterer Personen nicht zulässig sei, worauf noch das Landesarbeitsgericht hingewiesen hatte, musste hier nicht abschließend entschieden werden. Jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gestattet, für sich Kopien der sich in den Personalakten befindlichen Dokumente anzufertigen, hat ein Arbeitnehmer ausreichend Gelegenheit, sich selbst, aber auch seinen Anwalt anhand der gefertigten Kopien über den Inhalt der Personalakten zu informieren und dem Anwalt Gelegenheit zu geben, rechtliche Schritte – zum Beispiel gerichtet auf Entfernung bestimmter Dokumente aus der Personalakte – einzuleiten. Die originäre Einsichtnahme in die Personalakte gibt insoweit auch für den externen Rechtsanwalt keine weitergehenden Erkenntnis- oder Informationsmöglichkeiten, so dass der Arbeitgeber die Anwesenheit des Rechtsanwalts bei der Einsicht in die Personalakte verweigern durfte.

Anmerkung:

Dem Arbeitnehmer ging es im vorliegenden Fall ersichtlich darum, Einsicht in die Personalakte zu erhalten und mit seinem Anwalt zu besprechen, ob und gegebenenfalls welche rechtlichen Handlungsmöglichkeiten sich aus dem einen oder anderen Akteninhalt ergeben würden. Offensichtlich hat sich der Arbeitnehmer vorliegend aber nicht dazu entschieden, die Personalakte ohne den Anwalt einzusehen und für diesen Kopien anzufertigen. Vielmehr hat der Arbeitnehmer den Arbeitgeber verklagt, ihm zusammen mit dem Anwalt Einsicht in die Personalakte zu gewähren und hat dies über drei Instanzen „durchgestritten“.

Ein solches Vorgehen stellt eigentlich eine Aufforderung an den Arbeitgeber dar, einen Vorschlag für einen Aufhebungsvertrag zu unterbreiten. Anders als als Trennungswunsch kann die vorliegende Klage nicht verstanden werden. Wenn es Ziel des Arbeitnehmers gewesen sein sollte, eine Ermahnung aus der Personalakte entfernen zu lassen, war er wirklich schlecht beraten: Zum einen hilft einem Arbeitgeber – anders als eine wirksame Abmahnung – eine Ermahnung arbeitsrechtlich praktisch gar nichts. Insbesondere ist eine Ermahnung nicht geeignet, eine verhaltensbedingte Kündigung wirksam „vorzubereiten“. Im Übrigen dürften nach dem Streiten durch drei Instanzen inzwischen auch diejenigen Fristen abgelaufen sein, innerhalb derer der Arbeitgeber Ermahnungen oder Abmahnungen in der Personalakte aufbewahren kann, so dass solche nun ohnehin zu entfernen wären, noch bevor der Arbeitnehmer nunmehr – alleine – Akteneinsicht nimmt.

Noch eher als im vorliegenden Fall stellt sich die Frage einer Anwesenheitspflicht von Arbeitnehmeranwälten dann, wenn der Arbeitgeber zu einem Personalgespräch lädt. Auch hier besteht aber kein Anwesenheitsrecht des arbeitnehmervertretenden Anwalts bei einem solchen Gespräch und der Arbeitnehmer darf nach einer auf ein solches Gespräch gerichteten Anweisung des Arbeitgebers auch nicht mit Hinweis auf die nicht geduldete Anwesenheit seines Anwalts einfach fernbleiben. Kein Arbeitnehmer ist gezwungen, im Verlauf eines solchen Gespräches Erklärungen abzugeben, sondern kann sich in Ruhe im Anschluss an ein Gespräch, eine Weisung oder ein Vertragsangebot seines Arbeitgebers mit seinem Rechtsanwalt oder seiner Rechtsanwältin beraten. Eine Anwesenheit von Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt bei dem Gespräch kann insoweit nicht erzwungen werden, da hier auch eine Grenzziehung sehr schwierig wäre: Nicht bei jedem das Arbeitsverhältnis betreffenden Gespräch kann immer ein Rechtsberater beigezogen werden. Gleiches gilt übrigens auch für Ehepartner! Erstaunlich viele Arbeitnehmer wünschen ein vom Arbeitgeber gefordertes Personalgespräch in Begleitung der Ehefrau zu führen, wobei nicht immer ganz klar ist, auf wen dieser Wunsch zurückgeht.

 

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