Kein Anspruch auf Dank und gute Wünsche im Arbeitszeugnis

Am 08. April 2013, von Michael Eckert

BAG, Urteil vom 11. Dezember 2012; 9 AZR 227/11

Das Arbeitszeugnis ist immer wieder eine Quelle für unangenehme Auseinandersetzungen. Nun hat das Bundesarbeitsgericht in einem Bereich, der bei den Instanzgerichten sehr umstritten ist, ein Grundsatzurteil gefällt.

In dem zugrundeliegenden Fall hatte ein ehemaliger Arbeitnehmer gegen ein nach seinem Ausscheiden erteiltes Zeugnis geklagt. Er hatte zuvor einen Baumarkt geleitet. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hatte er ein Endzeugnis erhalten. Dies enthielt eine überdurchschnittliche Leistungs- und Verhaltensbeurteilung, die aber nicht Gegenstand des Rechtsstreits war. Vielmehr hatte sich der Arbeitnehmer mit der Klage gegen die Schlussformulierung im Zeugnis gewendet. Diese hatte folgenden Wortlaut:

Herr K. scheidet zum 28. Februar 2009 aus betriebsbedingten Gründen aus unserem Unternehmen aus. Wir wünschen ihm für die Zukunft alles Gute.

Der Kläger hatte insoweit die Auffassung vertreten, diese Formulierung benachteilige ihn und sei nicht berufsfördernd. Die überdurchschnittliche Leistungs- und Verhaltensbeurteilung werde durch diese Schlussformel entwertet. Er hatte daher beantragt, in das Zeugnis folgende Schlussformel aufzunehmen:

Wir bedanken uns für die langjährige Zusammenarbeit und wünschen ihm für seine private und berufliche Zukunft alles Gute.

Nachdem die erste Instanz noch dem Kläger Recht gegeben und den ehemaligen Arbeitgeber zu einer entsprechenden Zeugnisänderung verurteilt hatte, haben das Landesarbeitsgericht und das Bundesarbeitsgericht die Klage dann abgewiesen.

Das BAG hat zunächst die Rechtsgrundlage für Zeugnisse in den Vordergrund gestellt: Danach muss ein einfaches Zeugnis nach § 109 Abs. 1 Satz 2 Gewerbeordnung (GewO) Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit enthalten. Ein qualifiziertes Zeugnis, dessen Inhalt sich nach § 109 Abs. 1 Satz 3 GewO richtet und das dem Arbeitnehmer auf seinen Wunsch hin zu erteilen ist, muss sich über diese formalen Angaben hinaus auf die Leistung und das Verhalten des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis erstrecken.

Richtig ist auch, dass der Arbeitgeber nach ständiger Rechtsprechung verpflichtet ist, ein wohlwollendes berufsförderndes Zeugnis zu erteilen.

Hieraus haben Arbeitsgerichte in der Vergangenheit auch geschlossen, dass der Arbeitnehmer Anspruch auf eine dem übrigen Zeugnisinhalt entsprechende Schlussformulierung hat. Dem hat das BAG nunmehr eine Absage erteilt.

Der Ausdruck von Dank und der Ausspruch von guten Wünschen für die Zukunft entsprechen einer persönlichen Empfindung des Arbeitgebers. Anspruch auf den Ausdruck von persönlichen Empfindungen oder gar auf Aufnahme ganz besonderer wunschgemäßer persönlicher Empfindung in das Zeugnis hat der Arbeitnehmer aber nicht. Hier fehlt es an einer Rechtsgrundlage. § 109 GewO enthält keine Verpflichtung, solche persönlichen Empfindungen ins Zeugnis aufzunehmen.

Allerdings kann der Arbeitgeber, wenn er dies möchte, seinen persönlichen Empfindungen durchaus Ausdruck verleihen. Hier ist aber zu beachten, dass diese Empfindungen dann nicht den Anspruch auf ein wohlwollendes Zeugnis beeinträchtigen dürfen.

Mit anderen Worten: Der Arbeitgeber muss keine Schlussformulierung in das Zeugnis aufnehmen, die Dank oder gute Zukunftswünsche enthält. Hierauf hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch.

Entschließt sich der Arbeitgeber trotzdem zu einer Schlussformulierung, muss diese dem übrigen Zeugnisinhalt, insbesondere was die Beurteilungsstufe („Benotung“) betrifft, entsprechen.

Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf die Äußerung von Dank und guten Zukunftswünschen im Zeugnis.

Ist der Arbeitnehmer der Auffassung, dass die Schlussformel, die der Arbeitgeber verwendet hat, ihn benachteiligt oder das Zeugnis entwertet, muss das Gericht dies überprüfen. Der Arbeitnehmer kann jedoch nicht eine Abänderung der Schlussformel oder gar die Aufnahme einer bestimmten von ihm gewünschten Formulierung wünschen. Ist der Vorwurf des Arbeitnehmers zutreffend, wonach die Schlussformel das Zeugnis entwerte, kann der Arbeitnehmer nur verlangen, dass die Schlussformel ganz entfällt.

Praxistipp:

Die gängigen Auslegungen zu Zeugnissprachen widmen sich unter anderem auch der sogenannten Schlussformel sehr intensiv. Nach der vorliegenden neuen Entscheidung des BAG hat der Arbeitgeber, mehr als bisher weitgehend vertreten wurde, die Möglichkeit, seinen „echten“ Eindruck von dem ausscheidenden Mitarbeiter erkennen zu lassen.

Bei der in der Regel sehr formelhaften Beurteilung von Leistung und Verhalten ist dies nur sehr eingeschränkt möglich. Allerdings kann der Arbeitgeber hier durch die Wahl der Note recht weitgehend auch seinen Eindruck vom Arbeitnehmer übermitteln: Arbeitnehmer haben grundsätzlich Anspruch auf eine durchschnittliche Benotung, das heißt auch ein „befriedigendes“ Zeugnis. Wünschen sie eine bessere Benotung, sind sie dafür darlegungs- und beweispflichtig, dass sie wesentlich besser sind als der Durchschnitt der Arbeitnehmer. Wird die Note „1“ gewünscht, muss der Arbeitnehmer nachweisen, dass er absolute Spitzenleistungen erbracht hat, die nicht mehr zu übertreffen sind. Dies ist in der Praxis schon eine sehr hohe Hürde und kann in der Regel nur im Vergleichswege genommen werden.

Die im vorliegenden Fall verwendete Schlussformel ist in der Tat allenfalls mit einem durchschnittlichen Zeugnis vereinbar, nicht aber mit einem guten, überdurchschnittlichen Zeugnis.

In einem guten Zeugnis würde der Arbeitgeber sein Bedauern über das Ausscheiden ausdrücken. Ferner würde er sich für den bisherigen Einsatz des Mitarbeiters ausdrücklich bedanken. Schließlich ist es auch wichtig, dass Zukunftswünsche „auch“ in die Zukunft gerichtet werden. Die Formulierung „wir wünschen ihm für die Zukunft alles Gute“ kann nach Auslegung gängiger Zeugnissprachen auch so verstanden werden, dass eben bisher nicht alles „gut“ war, man jedoch hofft, dass dies jetzt wenigstens in Zukunft „gut“ werde.

Insoweit ist im vorliegenden Fall nachvollziehbar, dass der ausgeschiedene Arbeitnehmer sich gegen die Schlussformulierung gewandt hat. Nach der Entscheidung des BAG hat er aber nun nur die Wahl, entweder die vorhandene Schlussformulierung zu akzeptieren oder er kann den Arbeitgeber verpflichten, die Schlussformel ganz entfallen zu lassen. Das Zeugnis endet dann üblicherweise mit der Verhaltensbeurteilung.

Auch wenn man sich über die Bedeutung und den Inhalt der einen oder anderen Schlussformel streiten kann: Ein Zeugnis ohne jede Schlussformel ist ein recht deutlicher Hinweis auf erhebliche Verstimmungen im Arbeitsverhältnis. Die Durchsetzung dieses im vorliegenden Fall bestehenden „Streichungsanspruchs“ kann dem Kläger also nicht angeraten werden.

Stichworte:
 

Comments are closed.