BAG, Urteil vom 14. Dezember 2016 – Az: 7 AZR 49/15

Im vorliegenden Fall war ein Mitarbeiter nach § 14 Abs. 2 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) eingestellt worden, um ein Projekt zu betreuen. Nach Beginn des Beschäftigungsverhältnisses ergab sich jedoch eine vorzeitige Beendigung des Projektes. Die Parteien haben daher eine Vereinbarung geschlossen und festgelegt, dass das befristete Arbeitsverhältnis ein Jahr früher als geplant enden solle.

Der Arbeitnehmer hat es sich dann später wieder anders überlegt und noch vor dem dann vorgesehenen Ende Befristungsschutzklage erhoben. Er hat damit argumentiert, die verkürzte Laufzeit des Vertrages würde eine neue Befristung darstellen, die nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz unwirksam wäre.

Das BAG hat ihm erstaunlicherweise recht gegeben und bei dieser Gelegenheit ein in der Praxis wichtiges Problem angesprochen.

Zunächst hat das BAG die Auffassung des Arbeitgebers verworfen. Dieser hatte gemeint, ein ursprünglich wirksam abgeschlossener befristeter Vertrag ohne Befristungsgrund könne nachträglich ohne Weiteres hinsichtlich seiner Laufzeit reduziert werden. Insbesondere bedürfe es hierzu keines Befristungsgrundes. Unabhängig davon gäbe es aber einen Grund für die verkürzte Laufzeit, da das Projekt vorzeitig beendet worden sei.

Das Bundesarbeitsgericht ist dem nicht gefolgt. Auch wenn ein Vertrag ohne Sachgrund wirksam befristet worden ist, bedeutet dies nicht, dass später die Laufzeit – innerhalb der gesetzlichen Grenzen – reduziert werden dürfe. Bei genauer Betrachtung liege nämlich keine Reduzierung der ursprünglichen Befristungsdauer vor. Vielmehr hätten die Parteien einen neuen befristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen. Dies sei aber ohne Rechtsgrund nur zulässig, wenn zuvor noch kein Arbeitsvertrag zwischen den Parteien bestanden habe, was jedoch der Fall war.

Diese Rechtsauffassung ist auf den ersten Blick schwer nachvollziehbar. Sie deckt sich jedoch mit der bisherigen Rechtsprechung des BAG zu befristeten Verträgen. Diese sind sozusagen nach ihrem Abschluss in Stein gemeißelt und dürfen nicht verändert werden. Erfolgt eine Veränderung, geht das Gericht regelmäßig von einem neu abgeschlossenen Vertrag aus. Dieser ist dann seinerseits auf seine Wirksamkeit zu prüfen. Wenn es sich um eine Befristung ohne Befristungsgrund handelt, kommt regelmäßig keine wirksame Befristung mehr zustande, da ja zwischen den Parteien bereits zuvor ein Arbeitsvertrag bestand und befristete Verträge ohne Befristungsgrund nur dann abgeschlossen werden dürfen, wenn sie entweder zwei Jahre Laufzeit insgesamt nicht überschreiten, neben einer Grundbefristung maximal drei Verlängerungen vorliegen, die wiederum zusammen zwei Jahre nicht überschreiten dürfen und – hier entscheidend – zuvor zwischen den Arbeitsvertragsparteien noch kein Arbeitsvertrag bestanden hatte.

Praxistipp:

Befristete Verträge, insbesondere solche ohne Befristungsgrund, dürfen während ihrer Laufzeit und insbesondere zu Verlängerungsterminen grundsätzlich nicht geändert werden.

In einem ähnlichen Fall hatte ein Arbeitgeber zunächst einen auf ein halbes Jahr befristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen. Da er mit dem Arbeitnehmer sehr zufrieden war, hat er nach Ablauf der ersten sechs Monate den Vertrag zum einen um weitere sechs Monate verlängert und gleichzeitig dem Mitarbeiter eine Gehaltserhöhung gewährt. Später kam es dann zum Streit. Hier wurde dem Arbeitgeber seine Großzügigkeit zum Verhängnis: Die Änderung (Erhöhung) der Vergütung habe zur Folge, dass dadurch keine Verlängerung der ursprünglichen Grundbefristung erfolgt sein könne, sondern vielmehr ab dem siebten Monat ein neuer befristeter Arbeitsvertrag für wiederum sechs Monate abgeschlossen worden sei. Da bereits ein solcher Vertrag vorangegangen war, scheiterte die Befristung. Dies hatte zur Folge, dass die Gehaltserhöhung letztlich das Zustandekommen eines unbefristeten Vertrages zur Folge hatte.

Ähnlich – wenn auch nicht anlässlich einer Vertragsverlängerung – war es auch hier: Eine Änderung (Verkürzung der Laufzeit) führt zur Annahme eines unbefristeten neuen Vertrages.

Hier zeigt sich wieder, dass die Rechtsprechung befristete Verträge äußerst formal behandelt und sowohl Abschluss als auch Änderung und Beendigung stets sorgfältig geprüft werden müssen.

In Betracht kam im vorliegenden Fall übrigens auch noch eine Deutung des gesamten Vorganges als Aufhebungsvertrag. Ob eine neue Befristung oder ein Aufhebungsvertrag vorliegt, muss laut BAG jeweils im Einzelfall anhand aller Umstände geprüft werden. Auch hier knüpft das BAG an die bisherige Rechtsprechung zur Auslegung von Aufhebungsverträgen an:

Wird bei einem Aufhebungsvertrag in etwa die gesetzliche oder tarifvertragliche bzw. arbeitsvertragliche Kündigungsfrist eingehalten, spricht dies für das Vorliegen eines Aufhebungsvertrages. Wird allerdings eine Vertragsbeendigung erst in fernerer Zukunft vorgesehen, also eine Auslauffrist gewährt, die weit über die eigentlich einzuhaltende Kündigungsfrist hinausgeht, spricht dies gegen das Vorliegen eines Aufhebungsvertrages und für eine Befristung, so dass dann nach den Befristungskriterien des TzBfG geprüft werden muss.

Hinweis:

An dieser Stelle zeigt sich wieder einmal, dass die Rechtsprechung zwar vordergründig im konkreten Fall Arbeitnehmerinteressen im Auge hat, langfristig wird sich diese Rechtsprechung aber zum Nachteil für Arbeitnehmer auswirken: In Aufhebungsverträgen war es dem Arbeitgeber häufig möglich, das Beendigungsdatum beliebig hinauszuschieben, um dem Arbeitnehmer mehr Zeit für die Suche nach einer neuen Stelle zu gewähren. Genau solche für den Arbeitnehmer günstige Regelungen kommen aber in Zukunft kaum noch in Betracht, da der Arbeitgeber andernfalls Gefahr läuft, die gewünschte Vertragsbeendigung selbst zu torpedieren, je mehr er dem Arbeitnehmer mit einer verlängerten Beendigungsfrist entgegen kommt.

Insoweit hat die Entscheidung erhebliche Bedeutung auch für die Gestaltung von Aufhebungsverträgen.

In der Praxis stellt sich die Frage, wo nun der Unterschied zwischen einem Aufhebungsvertrag einerseits und einer Befristung andererseits zu sehen ist.

Das BAG führt hier aus, dass nicht mehr von einer Vertragsaufhebung, sondern von einem befristeten Vertrag auszugehen sei, wenn der von den Parteien gewählte Beendigungszeitpunkt die jeweils gültige Kündigungsfrist um ein vielfaches überschreitet und es an weiteren Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Beendigung des Aufhebungsvertrages fehlt, wie sie im Aufhebungsvertrag regelmäßig getroffen werden. Hierzu gehören insbesondere Freistellungen, Urlaubsregelungen, Abfindungen o. ä.

Besonders gefährlich ist diese Rechtsprechung bei Aufhebungsverträgen während der Probezeit, da hier in der Regel sehr kurze Kündigungsfristen gelten und schon maßvolle Beendigungsfristen von ein bis zwei Monaten das zwei- bis vierfache der Kündigungsfrist in der Probezeit (zwei Wochen) ausmachen können.

 

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